das wird: „Ich will auf die große Bandbreite ihrer Arbeiten neugierig machen“
In Oldenburg eröffnet eine Ausstellung über Künstler*innen von Zeichentrickfilmen
Interview Wilfried Hippen
taz: Frau Helmcke, animierte Filme gibt es ja schon seit mehr als 100 Jahren. Diese also zu zeigen – ist das nicht ein alter Hut?
Aline Helmcke: In einem Museum für Zeichnungen ist das etwas Neues, weil im Horst-Janssen-Museum ja in der Regel Arbeiten auf Papier gezeigt werden. Es gibt zwar viele Ausstellungen, die sich mit Bewegtbild beschäftigen, aber die finden fast immer in Filmmuseen statt.
taz: Was ist so besonders an Ihrem Ansatz?
Helmcke: Ich möchte mit den Arbeiten einen starken Bezug zum zeichnenden Tun herstellen. Die Ausstellung soll den Prozess darstellen und zeigen, wie etwas gemacht wird. Und was die Künstler*innen in der heutigen Zeit aus diesem Urgestein der Ausdrucksmöglichkeiten immer noch an Potenzial herausholen können.
taz: Aber beim Trickfilm wird ja heute nur noch selten wirklich auf Papier gezeichnet, stattdessen wird an Computern animiert. Zeigen Sie also neben den analogen auch digitale Arbeiten?
Helmcke: Für mich ist es wichtig, deutlich zu machen, woher der Film kommt, wie weit er sich entwickelt hat und welche Ausdrucksmöglichkeiten wir mit händischen Kulturtechniken entwickelt haben – bis hin zu den digitalen Techniken. Es gibt einen fließenden Übergang und genau dafür möchte ich mit dieser Ausstellung sensibilisieren. Es sind Arbeiten dabei, bei denen das Papier als Arbeitsträger zu sehen ist oder von den Künstler*innen aktiv in die Arbeiten eingebunden wird. Es gibt aber auch Arbeiten, die komplett im digitalen Raum entstanden sind.
taz: Nach welchen Kriterien haben Sie die Ausstellung kuratiert?
Ausstellung „Bilder pro Sekunde. Zeichnung in Bewegung“, Horst-Janssen-Museum, Oldenburg, 27. 6.–12. 10.
Helmcke: Die Arbeiten, die ich ausgesucht habe, verbindet, dass sie von Filmautor*innen geschaffen sind, die viel mit dem Medium Zeichnung experimentieren. In der Filmbranche ist es ja üblich, dass ein Filmwerk im Team entwickelt wird. Da gibt es jemanden für die Regie, die Animation und das Characterdesign. Doch hier entwickeln die Zeichner*innen ihre Filme aus ihrer eigenen Handschrift heraus und der Prozess des Zeichnens hat dabei oft einen genauso großen Anteil an der Filmhandlung wie das Erzählte selbst.
taz: Wie haben Sie die Ausstellung gestaltet?
Helmcke: In einer Ausstellung nur Monitore und Projektionsleinwände zu zeigen, ist langweilig. Deswegen habe ich eine Installation dabei und eine kinetische Raumskulptur. Es gibt eine Art Filmkoje, in der ein Loop mit Kurzfilmen projiziert wird, aber es sind auch Papierarbeiten zu sehen, bei denen man ein Gespür dafür bekommt, wie ein Film auf sogenannten Storyboards skizziert wird.
taz: Es gibt ja auch eine interaktive Arbeit, bei der die Besucher*innen ihre eigenen Filme machen können. Wie funktioniert das denn?
Helmcke: Das ist die Arbeit von Laura Ginès Bataller aus Barcelona, bei der man das Bild selber zusammensetzen kann. Es gibt dabei ein Klavier und je nachdem, welchen Akkord man darauf anschlägt, finden sich bestimmte Bildelemente zusammen.
taz: Haben sich die von Ihnen eingeladenen Künstler*innen nicht darüber gewundert, dass ihre Filme in Oldenburg in einem ganz anderen Kontext ausgestellt werden?
Aline Helmcke: Ich habe den Eindruck, dass dies für die Künstler*innen etwas ganz Besonderes ist, denn sie machen ja vor allem Kurzfilmformate und die sind zum Beispiel nur selten im Fernsehen oder im Kino zu sehen. Sie werden auf Festivals gezeigt und haben da eine Lebensdauer von etwa zwei Jahren.
taz: Aber wenn im Oktober die Ausstellung wieder geschlossen wird, werden ihre Arbeiten doch auch hier nicht mehr gezeigt.
Helmcke: Ich hoffe, dass die Besucher*innen der Ausstellung Filmemacher*innen und auch Künstler*innen entdecken, denn die meisten von ihnen arbeiten nicht nur in dem einen Medium, sondern auch in der Druckgrafik, der Malerei oder der freien Zeichnung. Ich will auf die große Bandbreite ihrer Arbeiten neugierig machen.
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