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das wird„Die Museen müssen lernen“

Kuratorin Mahret Ifeoma Kupka spricht in Hannover über die Dekolonisierung weißer Ausstellungsräume

Kunstsalon „Black Bodies in ‚White‘ Museum Spaces – Zur Dekolonisierung des Museumsraums“ mit Mahret Ifeoma Kupka: heute, 19 Uhr, Kunstverein Hannover (auch online via Zoom, Näheres auf www.kunstverein-hannover.de)

Interview Sabine Weier

taz: Frau Kupka, Sie beschäftigen sich mit der Dekolonisierung von Museen. Was verstehen Sie darunter?

Mahret Ifeoma Kupka: Jedes Vorhaben, das Museum zu dekolonisieren, birgt einen Widerspruch in sich. Museen sind eine koloniale Erfindung. Die radikalste Konsequenz wäre demnach der Abbau der Institution. Allerdings würde uns dann kulturell einiges fehlen. Mich interessiert vielmehr die Frage, was ein dekoloniales Museum sein könnte. Ich verstehe Dekolonisierung als einen dauerhaften Prozess, innerhalb dessen sich das Museum als Institution immer wieder neu hinterfragen und im Austausch mit Gesellschaft neu verhandeln muss.

Was müssen Museen tun, um sich auf diesen Prozess einzulassen?

In Museen ging es historisch darum, eine bestimmte Vorstellung von Nation und Kultur zu zeigen und zu festigen. Ich als Bürgerin konnte im Museum etwas lernen und mich orientieren. Wir wissen heute, dass Museen aber auch ganz vieles nicht zeigen. Sie müssen offener für weitere Perspektiven auf die Welt werden und das geht zum Beispiel, indem sie bereit sind, selbst zu lernen. Gesellschaft verändert sich ständig, Menschen kommen neu zusammen und erkunden andere Wege des Zusammenlebens. Ebenso muss sich das Museum verändern. Es gibt keinen Zehn-Punkte-Plan, der am Ende ein dekolonisiertes Museum oder ein Museum ohne Rassismus verspricht. Es ist ein Prozess, der – hoffentlich – Strukturen verändern wird, also wie miteinander oder mit Sammlungsobjekten umgegangen wird, wer ausstellt, was ausgestellt wird und wie Ausstellungen gemacht werden.

Haben Sie ein Beispiel aus Ihrer Arbeit?

Foto: Marina Ackar

Mahret Ifeoma Kupka

41, ist Kunstwissenschaftlerin, Autorin und seit 2013 Kuratorin für Mode, Körper und Performatives am Museum Angewandte Kunst in Frankfurt/Main.

2020 habe ich die Ausstellung „Life doesn’t frighten me – Michelle Elie wears Comme des Garçons“ kuratiert. Elie stammt aus Haiti, lebt heute in Köln und ist leidenschaftliche Sammlerin und Trägerin des sehr exaltierten, kunstvollen, skulpturalen japanischen Labels Comme des Garçons. Jedes Tragen der Stücke wird zur Performance und das kostet Elie voll aus. Als Schwarze Frau, die in einer weißen Mehrheitsgesellschaft stets auffällt, eignet sie sich den öffentlichen Raum an, definiert ihn für sich selbst, indem sie ihre körperliche Erfahrung radikal überspitzt. Das haben wir in der Ausstellung gezeigt und darüber auch Fragen um Repräsentation und Kanon verhandelt.

Sie haben gerade die Initiative „Neue deutsche Mu­se­ums­ma­che­r:in­nen“ mitgegründet. Was haben Sie vor?

Wir sind eine Untergruppe der „Neuen deutschen Medienmacher:innen“, einem bundesweiten Netzwerk von Jour­na­lis­t:in­nen und Medienschaffenden of Color. Als Neue deutsche Mu­se­ums­ma­che­r:in­nen wollen wir uns vernetzen, uns austauschen und den Nachwuchs fördern. Viele Jugendliche sehen Museums- und Kulturarbeit gar nicht erst als Berufsfeld für sich. Sie sehen eine weiße bildungsbürgerliche Institution, die mit ihrem Leben nichts zu tun hat. Aber Museen haben eine kulturell prägende, den Kanon bestimmende Funktion. Es ist wichtig, dass sich dort die ganze Gesellschaft abbildet und alle Geschichten erzählt werden.

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