das war auch: Bremer Masseur verurteilt
Das Bremer Amtsgericht hat einen Masseur schuldig gesprochen, eine Frau sexuell belästigt zu haben. Der ehemalige Saunabetreiber wurde am Montag durch einen Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt – insgesamt muss er 1.350 Euro zahlen. Der Strafbefehl ist noch nicht rechtskräftig und erging, weil der Masseur beim Prozess nicht auftauchte. Anwesend war im Zuschauerraum hingegen eine Gruppe von Betroffenen und ihren Unterstützerinnen, die dem Mann vorwerfen, deutlich mehr Frauen belästigt und vergewaltigt zu haben. Sie sprachen von einem „Skandal“, dass es nur in dem einen Fall zu einem Prozess kam und werfen dem Mann eine „perfide Masche“ vor. Er habe die Massagen in seiner Sauna rücksichtslos ausgenutzt, um „sexuell übergriffig“ zu werden.
Tatsächlich wurde in 19 weiteren Fällen gegen den Mann ermittelt – auch wegen des Verdachts der Vergewaltigung. Doch fast alle Verfahren wurden eingestellt. Begründung: „kein hinreichender Tatverdacht“. Laut Staatsanwaltschaft hätten sich die Frauen gegen die Berührungen im Intimbereich nicht zur Wehr gesetzt – weder verbal noch körperlich. Nur wenn ein Täter gegen den erkennbaren Willen des Opfers handele, sei von einer sexuellen Belästigung auszugehen.
Das vor Gericht nachzuweisen, wenn Aussage gegen Aussage steht, ist schwer. Zudem geschahen einige der angezeigten Vorfälle vor der Reform des Sexualstrafrechts im November 2016. Bis dahin gab es den eigenen Straftatbestand der „sexuellen Belästigung“ nicht. Auf vergangene Vorfälle kann ein neues Gesetz nicht angewendet werden.
So landete nur der Fall von Linda O. vor Gericht. Sie hatte im November 2016 eine Rücken- und Gesichtsmassage gebucht. Während der Massage berührte der Angeklagte die 35-Jährige gegen ihren Willen mehrmals an der Brust. Der Straftatbestand der sexuellen Belästigung sei damit erfüllt, erklärte eine Gerichtssprecherin. Zugunsten des Angeklagten spreche, dass er die sexuellen Berührungen abgebrochen habe, nachdem die Betroffene ihn dazu aufgefordert hatte. „In meinem Fall mag das Urteil berechtigt sein“, sagte Linda O. „Aber es gab Fälle, in denen es zu einer viel, viel härteren Strafe hätte kommen sollen.“
Den Betrieb seiner Massage-Sauna hat der Mann mittlerweile aufgegeben.
Sebastian Heidelberger
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