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Produzentin von „Die drei???“ und „TKKG“Die Hörspielkönigin wird 80

Heikedine Körting prägte mit über 3.000 Hörspielen wie „Die drei???“ deutsche Kinderzimmer. Ans Aufhören denkt sie auch mit 80 noch lange nicht.

Steht als „Deutschlands erfolgreichste Märchentante“ im „Guinness-Buch der Rekorde“: Heikedine Körting Foto: Georg Wendt/dpa

Dass viele auch bei den spannendsten ihrer Geschichten eindämmern, kann Heikedine Körting gut verstehen. „Bei Hörspielen kann ich wunderbar einschlafen“, sagt sie selbst. „Das hat so einen Charme und man weiß, es geht alles gut aus.“ Und dass sie so vielen beim Einschlafen helfen, hat ja auch viel mit Vertrautheit und nichts damit zu tun, dass sie langweilig sind.

Unter den über 3.000 Hörspielen, die Körting in mehr als sechs Jahrzehnten im Studio des Hörbuchverlags „Europa“ in einer Hamburger Jugendstilvilla produziert hat, sind so erfolgreiche Serien wie „Die drei???„, „TKKG“, „Fünf Freunde“ und „Hanni und Nanni“. Über 500 Millionen Mal wurden sie verkauft. Dafür gab es einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde für Körting als „Deutschlands erfolgreichste Märchentante“ und auch das Verdienstkreuz am Bande. Am 18. Juni wird sie 80 Jahre alt.

Dass Körting wie wohl sonst niemand deutsche Kinderzimmer akustisch geprägt hat, hat wohl auch damit zu tun, dass ihre eigene Kindheit entbehrungsreich war. Geboren 1945 im thüringischen Thalbürgel, wuchs sie in Lübeck auf. Die Familie hatte durch den Krieg alles verloren. Das kann man in C. R. Rodenwalds gerade erschienener Biografie „Heikedine Körting. Die Königin der Hörspiele“ nachlesen. Auch, dass sie schon früh zeigte, wie kreativ sie war: Auf dem Dachboden inszenierte sie als Sechsjährige mit selbstgebastelten Figuren Theaterstücke für die Nachbarskinder; Eintritt: ein paar Erdnüsse.

Mit sieben Jahren erkrankte Körting an Kinderlähmung, verbrachte Monate isoliert in einem Krankenzimmer und flüchtete sich in Fantasiewelten. Eine schreckliche Zeit sei das gewesen, sagt sie heute. Die Krankheit besiegte sie auf einem bayrischen Bauernhof, die Liebe für Fantasiewelten ist bis heute geblieben. Mit zwölf nahm Körting erste Hörspiele mit dem Tonbandgerät einer Freundin auf, experimentierte mit Geräuschen und verteilten Rollen.

Selbst als Papagei dabei

Trotz ihres künstlerischen Talents folgte sie zunächst dem Wunsch ihres Vaters und studierte Rechtswissenschaften. Sie wurde Rechtsanwältin, betrieb nebenbei eine Boutique und eine Galerie, sprang Fallschirm, ­reparierte ­Autos und schrieb Schlagertexte.

Doch die Hörspiele ließen sie nicht los. 1969 begann Körting, Manuskripte für Märchenhörspiele für das Label Europa zu schreiben, das 1961 von Andreas Beurmann und David ­Leonard Miller gegründet worden war. 1973 übernahm Körting die Verantwortung für die Produktion aller Hörspiele bei Europa, 1979 heiratete sie Beurmann, mit dem sie das Label zu einer Institution machte. Der Durchbruch kam im selben Jahr mit dem Walkman und der ersten „Drei???„-Audiokassette, „Der Super-­Papagei“. Körting selbst ist seitdem in jeder Folge auch zu hören – als krächzender Papagei, erzählte sie der taz vor ein paar Jahren.

Neben ihrer Arbeit im Studio prägt Körting auch die Kulturszene Schleswig-Holsteins. Seit 1977 hat sie mit ihrem Mann das Gut Hasselburg gepachtet, wo sie den Kulturkreis Hasselburg gründete. Dort fanden Konzerte des Schleswig-Holstein Musik Festivals statt, mit Künstlern wie Yehudi Menuhin oder Martha Argerich.

Ans Aufhören denkt Körting noch lange nicht und produziert weiterhin im analogen Tonstudio Hörspiele. In die Zukunft blickt sie voller Optimismus: „Man kann immer neu ­anfangen.“

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