piwik no script img

das portraitMonika Börding ist neue Vorsitzende von Pro Familia

Monika Börding war gerade erst als Geschäftsführerin der Pro Familia in Bremen in Rente gegangenFoto: privat

Wer das erste Mal mit Monika Börding telefoniert, wird sie womöglich aufgrund ihrer außergewöhnlich hellen Stimme für sehr jung, wenn nicht sogar jugendlich halten. Tatsächlich ist sie im vergangenen Jahr in Rente gegangen, als Geschäftsführerin des Bremer Landesverbands von Pro Familia, wo sie die vergangenen acht Jahre gearbeitet hatte.

Doch der Ruhestand währte nicht lange. Im Mai wurde die 66-Jährige zur Vorsitzenden des Pro Familia Bundesverbands gewählt. Der komplette Name des eingetragenen Vereins lautet „Pro Familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung“. In allen Bundesländern unterhält er Beratungsstellen, die unter anderem die gesetzlich vorgeschriebenen Beratungen vor Schwangerschaftsabbrüchen durchführen, aber auch beispielsweise in Schulen über eine selbstbestimmte Sexualität informieren. An vier Orten, darunter Bremen, gibt es zudem medizinische Zentren, in denen Schwangerschaftsabbrüche und Sterilisationen bei Männern vorgenommen und Spiralen eingesetzt werden.

Monika Bördings Aufgabe besteht darin, sich auf Bundesebene für die Anliegen von Pro Familia einzusetzen. An erster Stelle steht dabei das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch ohne Beratungszwang und Strafandrohung, wie es bisher im Strafgesetzbuch im Paragrafen 218 fest geschrieben ist. Doch wie fern dieses Ziel ist, zeigt die Auseinandersetzung um einen anderen Paragrafen, den 219a, der Ärz­t:in­nen sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche verbietet. Die Ampel-Koalition will ihn abschaffen – und stößt auf erbitterten Widerstand der CDU.

„Die Union macht das sehr geschickt“, sagt Börding. „Sie stellt immer wieder die Rechte des sogenannten 'ungeborenen Lebens’in den Vordergrund.“ Diese Argumentation verfängt immer noch selbst bei vielen Linken, die glauben, einen Fötus vor seiner wankelmütigen Mutter schützen zu müssen, indem die Hürde für einen Schwangerschaftsabbruch so hoch wie möglich gelegt wird.

Börding weiß es besser. Nicht nur aus den Erzählungen ihrer Mit­ar­bei­te­r:in­nen – sie war selbst bei einigen Schwangerschaftsabbrüchen dabei. Das gehörte zu ihrer Einarbeitung. „Die Motive dieser vier oder fünf Frauen waren komplett verschieden“, erzählt sie. Und sie waren sich ihrer Entscheidung sicher – wie die meisten Betroffenen auch ganz ohne Beratung. Darüber berichtet Börding in Anhörungen bei Gesetzgebungsverfahren und auf Einladung von Politiker:innen. Wie ihre Vorgängerin ist sie eine Vertreterin der Praxis – nachdem sich die Pro Familia lange Zeit mit Professorinnen im Vorstand geschmückt hatte, die aber weniger Interesse und Zeit für die arbeitsintensive Lobbyarbeit in Berlin hatten.

Geplant hatte Börding ihren Ruhestand anders. Sie ließ sich dann aber letztlich von ihren ehemaligen Mit­ar­bei­te­r:in­nen überzeugen, dass sie die Richtige für diesen Job ist. Zugute kommt ihr, die in Münster aufgewachsen ist und dort Pädagogik studiert hat, dabei vielleicht, dass sie so lange in einem Bundesland gelebt und gearbeitet hat, in dem die Arbeit von Pro Familia immer die Rückendeckung der jeweiligen Landesregierung hatte. So bringt sie ein Stück Selbstverständlichkeit mit, wenn es um sexuelle Selbstbestimmung geht.

Das Thema habe sie ihr Leben lang begleitet, erzählt Börding, die in der Frauenbewegung der 70er- und 80er-Jahre sozialisiert wurde und das Frauentagungshaus in Altenbücken 1988 aufgebaut und bis 2001 mitgeleitet hatte: „Der Schwangerschaftsabbruch war immer ein zentrales Anliegen.“ Eiken Bruhn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen