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das portraitMacht gegen den Braunkohletagebau mobil: Klimaaktivistin Marthe Lorenz

Marthe Lorenz hat ein Buch über Klimagerechtigkeit im Rucksack, aber sie guckt lieber aus dem Fenster. Auf der A1 von Hamburg Richtung Köln ziehen draußen Felder und Dörfer vorbei. Drinnen sitzen 60 junge Menschen auf dem Weg ins Rheinland. Sie wollen mittels massenhaften zivilen Ungehorsams einen Braunkohletagebau blockieren, bei der Aktion Ende Gelände. Erwartet werden mehrere Tausend Aktivist*innen, auch aus anderen europäischen Ländern.

Marthe Lorenz, die in Wirklichkeit anders heißt, gehört zur Hamburger Ortsgruppe von Ende Gelände. Schon mit 13 Jahren ist sie zur Klimabewegung gekommen, eine Freundin hatte sie zur Greenpeace-Jugend mitgenommen. Aber das war eher so der Schwierigkeitsgrad Menschenkette, Ende Gelände ist etwas anderes. Die meisten im Bus haben Wanderschuhe an, sie haben Wärmedecken dabei und Allzwecktücher – was man halt so braucht in einer Blockade. Man solle sich darauf einstellen, 24 Stunden am Stück auf den Feldern und in der Kohlegrube unterwegs zu sein, hatten die Organisator*innen im Vorfeld gesagt.

„Ich glaube, dass wir das Thema Klimagerechtigkeit, also nicht nur Klima, sondern vor allem Gerechtigkeit, in alle Köpfe reinbekommen müssen“, sagt die zwanzigjährige Lorenz. Sie ist zum zweiten Mal dabei, nach dem letzten Jahr war für sie klar, dass sie wieder hinfahren würde. Lorenz selbst versucht, so nachhaltig wie möglich zu leben. Sie fliegt nicht, sie isst vegan, engagiert sich bei Foodsharing und kauft keine Klamotten. Die blau-pinke Batikhose hat sie von einem Kleidertausch, den Wollpullover von einer Freundin. Wie die meisten anderen auch wird Lorenz in einem Protestcamp in Viersen schlafen. 3.000 Schlafplätze hat das Aachener Gericht genehmigt. Es wird eine gute Essensversorgung geben, Infopunkte, Ansprechpartner*innen für alles mögliche. So gut organisiert wie Ende Gelände ist kaum eine linke Aktion in Deutschland. Auf der Homepage von Ende Gelände gibt es einen Rechtsratgeber zum Download, extra zugeschnitten auf Ende Gelände, als fünfstündiges Hörbuch.

Lorenz ist mit ihren engsten Freund*innen da. Ein großes Abenteuer also? „Nein“, sagt sie. „Eher ein Risiko.“ Vor Polizeigewalt hat sie Angst. In NRW gilt schon das neue Polizeigesetz. Wer seine Identitätsfeststellung verweigert, kann jetzt sieben Tage festgehalten werden. Bei Ende Gelände ist es Tradition, dass die Aktivist*innen ihre Personalien nicht preisgeben. Auf die Aktion im Rheinland haben sich die Ortsgruppen gut drei Monate vorbereitet. Im letzten Monat war Lorenz aber selten dabei, weil sie mit ihrem Theaterkollektiv aufgetreten ist. Nebenher gibt sie Klarinettenunterricht und studiert Sozialökonomie. Ein Studium der Politikwissenschaften hat sie abgebrochen. „Zu trocken, zu uninspirierend“ war es ihr. Inspirierend findet sie hingegen, wie man bei Ende Gelände miteinander umgeht. Alles wird im Konsens entschieden, es gibt viel Zeit zum ­Nachdenken, viele Ideen. „Es ist gut, zu sehen, wie die Welt anders aussehen könnte“, sagt ­Lorenz. Katharina Schipkowski

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