piwik no script img

das portraitMit Jerrold Nadler sitzt Donald Trump jetzt ein alter Bekannter im Nacken

Foto: ap

Jerrold Nadler und Donald Trump stammen aus derselben Generation und aus derselben Stadt: New York. Nadler kam 1947 in der Familie eines kleinen jüdischen Geschäftsmannes zur Welt, der mit einer Hühnerfarm gescheitert war und sich unter anderem im Ersatzteilhandel für Autos versuchte. Trump wurde 1946 in eine Millionärsfamilie geboren, die mit Immobilien zu einem Vermögen gekommen war. Nadler wuchs zu einem linken Oppositionellen heran, der als Student gegen den Vietnamkrieg demonstrierte und für eine Moralisierung der Politik eintrat. Trump setzte die Spekulationen seines Vaters fort und wechselte politisch mehrfach die Seite.

Ihren ersten Zusammenstoß hatten die beiden Männer in den 1980er Jahren. Trump wollte mehrere gigantische Klötze an der Upper West Side bauen. Und Nadler, der für die Upper West Side im Parlament des Bundesstaates New York saß, verlangte Transparenz und sozialen Wohnungsbau und sorgte für die drastische Verkleinerung des Vorhabens. „Fat Jerry“ nannte Trump den damals noch gut 130 Kilo schweren Nadler. Später beschrieb er ihn in einem Buch als einen „ungeheuerlichen politischen Hack“. Nadler identifizierte Trump als „rücksichtslos, gefährlich und gesetzlos“.

Seither hat Nadler dank einer Magenverkleinerung über 40 Kilogramm abgespeckt. Seit Anfang der 1990er sitzt er nicht mehr im Parlament in Albany, sondern in Washington. Aber er ist einer der führenden Linken in der Demokratischen Partei seiner Stadt geblieben. Kein anderer Wahlkreis in den USA hat mehr jüdische WählerInnen als seiner, der von der Upper West Side über den Südzipfel von Manhattan bis nach Coney Island in Brooklyn reicht. Auch das World Trade Center befand sich darin. Nadler hat dennoch gegen den Irakkrieg und gegen den „Patriot Act“ gestimmt. 2015 verteidigte er das Atomabkommen mit dem Iran, und er demonstrierte gegen das „Muslimverbot“ des neuen Präsidenten.

„Wenn ich Trump wäre, würde ich mir jetzt Sorgen machen“, sagte Nadlers ehemaliger Bürochef und jetziger Rechnungsprüfer von New York, Scott Stringer, als sein Ex-Boss nach dem Wahlsieg der DemokratInnen bei den Midterms zum Vorsitzenden des Justizausschusses aufrückte. Nadler ist ein Arbeitstier, bekannt für seine akribische Vorbereitung, seine Nachtarbeit und seine Hartnäckigkeit – und er bringt Erfahrungen aus einem anderen Impeachment-Verfahren mit: Als die Republikanische Partei einst ihre geballte Energie auf die Amtsenthebung von Bill Clinton konzentrierte, warnte der damalige Hinterbänkler Nadler vor einem „sexuellen McCarthyism“.

Nun, als Vorsitzender des Ausschusses, der ihm die Entscheidungsvollmacht über Ermittlungen und ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump gibt, machte Nadler klar, dass er vorsichtig vorgehen und parteiübergreifende Allianzen suchen will. „Ein Impeachment ist keine Strafe für eine schlimme Tat“, sagte der 71-Jährige, „es ist die Verteidigung der Verfassung und der Demokratie vor Missbrauch“.

Dorothea Hahn, New York

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen