das portrait: Mehlwurmwartet im Supermarktregal
Mimi findet ihren Namen selber blöd. Aber ihre Mutter heißt Murri und der Vater Berndi, was kann man da erwarten. Das drei Tage alte Mehlwurmmädchen weint, als wir sie endlich an die Strippe bekommen. Sie hätte so gern weiter mit den Geschwistern getobt, und jetzt muss sie mit der taz reden, weil sie angeblich die Vernünftigste ist.
„Ja“, schluchzt sie, „wir sind schrecklich unbeliebt, weil wir den Leuten das Mehl wegessen, dabei wollen wir doch nur große, starke Käfer werden.“ Die, by the way, sogar fliegen können, „aber das hat Mama verboten, seit Opa damals gestürzt ist“, erzählt Mimi. Inzwischen hat sich die Mehlwurm-Community aufs Sprinten verlegt, hart am Wind mit ihren Verwandten, den Laufkäfern, die immer etwas schneller sind.
Dabei kann, wer trödelt, schnell den Kürzeren ziehen, wenn ein Mensch mit harter Hand oder sonst einem Totschlaggerät in den Mehlkasten geht. Deshalb „müssen wir im Dunklen bleiben und dürfen nicht schmatzen, damit uns keiner hört“, erzählt Mimi. Dabei könnte das Leben so fröhlich sein.
Vom Hörensagen weiß Mimi, dass es da eine Mehlwurm-Gruppe gibt, die vom Menschen eigens gezüchtet und gehätschelt wird, um der ganz großen Sache zu dienen. Welche das genau ist, kann Mimi nicht sagen, hat nur vage von Echsen, Vögeln und Hamstern gehört, denen sie „dereinst zur Speise dienen“ sollen. „Wissen Sie vielleicht, was das bedeutet?“, fragt Mimi. „Hmm, tja, nicht so genau“, murmeln wir verlegen, und davon, dass auch wir Europäer schon anfangen, die Würmer dieser Welt zu essen, wollen wir gar nicht reden.
Dabei wäre das eigentlich gut für Selbstwertgefühl und Image der Kleinen: reich an Protein und ungesättigten Fettsäuren, billig, kein Blutbad beim Schlachten, sondern Runterkühlen und schmerzfreies Einschlafen. Platzsparend wäre die Massenhaltung außerdem. Einige Supermärkte haben Mimis Verwandte deshalb schon im Angebot. Und auch Bremens Rewe verkauft seit Neuestem Grillen im Röhrchen und Schokolade mit getrockneten Mehlwürmern. Wohl bekomm’s! Petra Schellen
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