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das portraitLudger Frye sucht Greifvogel-Jäger

Ludger Frye hätte auch einen guten Juristen abgegeben. Nicht, weil er das studiert hätte, denn von Haus aus ist der Nabu-Kreisvorsitzende im Kreis Vechta Biologe. Wohl aber, weil ihn illegal erlegte Tiere, die Bebauung von Biotopen und andere ökologische Konfliktfälle so wütend machen, dass er inzwischen sehr versiert Anklageschriften erstellt und Prozesse durch alle gerichtlichen Instanzen führt.

Aktuell hat er sich in den Fall der neun vergifteten Greifvögel im Landkreis Cloppenburg festgebissen, und der ist wirklich spektakulär: Sieben tote Mäusebussarde sowie zwei Habichte hat er am Wochenende in einem fünf Hektar großen Waldstück gefunden. Daneben etliche vergiftete Köder: Ringeltauben-, Fasanen-, Enten- und Hasenkadaver lagen da, alle bepinselt mit den blau markierten Kontaktgiften Carbofuran und Mevinphos, die in Europa nicht legal erhältlich sind.

Als Pinsel diente dem Täter eine achtlos liegen gelassene Ähre vom vorigen Jahr. „Das deutet auf jemanden hin, der eine Beziehung zur Landwirtschaft hat“, sagt Frye. Die Chancen, den Fall aufzuklären, stünden also gut, sagt er, zumal die – inzwischen von der Kriminalpolizei zwecks Analyse eingesammelten – Kadaver in der Nähe eines neuen Hochsitzes gelegen hätten. „Und den nutzen die Jäger, die das Jagdrevier gepachtet haben, sicher rege.“ Wenn man außerdem bedenke, dass einige der Kadaver frisch, andere schon ein halbes Jahr alt seien, müssten die da lange gelegen haben. „Da werden die Jäger gut erklären müssen, warum sie diese Straftat nicht gemeldet haben.“

Frye redet sich in Rage. Nein, er sei keiner, der angesichts eines getöteten Tieres weine. „Ich bin nicht schockiert, sondern werde wütend und verfolge die Sache sehr hartnäckig.“ Gerade öffentlicher Druck könne helfen, den Täter zu finden und bis zu fünf Jahre ins Gefängnis zu bringen. So steht es in der „Hannoverschen Erklärung gegen die Verfolgung von Greifvögeln“ von 2007, die Niedersachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister sowie Naturschützer und Landesjägerschaft unterschrieben haben.

„Und kein Bürgermeister, kein Jäger möchte sein Revier, seinen Ort dadurch in seinem Ruf geschädigt sehen, dass so ein Verbrechen öffentlich wird“, sagt Frye. Da könne durchaus interner Druck entstehen, damit man das schwarze Schaf findet. Zumal der Nabu gefordert hat, allen Jägern des Reviers bis zur Aufklärung des Falls den Jagdschein zu entziehen.

Aber warum töten Jäger eigentlich Greifvögel, noch dazu auf so qualvolle Art? „Früher“, sagt Frye, „war so etwas gang und gäbe, denn die Greifvögel fressen den Jägern Kaninchen, Rebhühner und anderes Jagdwild weg“. Das tun zwar auch Füchse und Marder, aber die darf der Jäger zu gewissen Zeiten erschießen.

Greifvögel dagegen stehen seit den 1970ern ganzjährig unter Schutz und können nicht legal „entsorgt“ werden, sodass manch einer eben zu brutalen Methoden greift. Wobei als Täter prinzipiell auch Geflügelhalter infrage kommen. In diesem Fall aber bestanden die Köder aus jagdbarem Wild. „Nur ein Jäger bekommt eine Ringeltaube vom Baum. Außerdem: Woher sollte ein Geflügelhalter Fasanen- und Hasenkadaver haben?“, fragt Frye.

Insgesamt allerdings, sagt er, gehe die Greifvogelermordung aus jägerseitigem „Futterneid“ eher zurück. „Dafür etabliert sich gerade ein neues Tatmotiv. Denn ein brütendes Rotmilan- oder Seeadler-Paar – beides aussterbende Arten – kann durchaus den Bau einer Windkraftanlage verhindern.“ Und da passiere es in letzter Zeit immer öfter, dass auf mysteriöse Art Greifvögel und ihre Gelege verschwänden. Petra Schellen

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