piwik no script img

das ding, das kommtDie Kunst des Blätterns

Er ist auf diesen Seiten immer wieder gern gesehener Gast. Und seiner in die Tausende Beispiele gehenden Sammlung an Lokalzeitungsfotos war just diese Rubrik hier bereits gewidmet.

Erst mal weniger spektakulär als diese Bestände der visuellen Entsprechung zur sprachlichen Stilblüte, rein zahlenmäßig: Peter Piller, um den es hier geht, hat selbst seit 1997 insgesamt 44 Künstlerbücher, zwei Grafikserien und elf Postkartenserien konzipiert und veröffentlicht. Ja, da darf man wohl sagen, dass der Wahlhamburger, der derzeit an der Akademie Düsseldorf lehrt, „die Formate der Künstlerpublikationen“ bevorzuge.

So schickt es das Bremer Museum Weserburg einer kommende Woche eröffnenden Kabinettausstellung voraus: Die Präsentation „Peter Piller – Archiv der Bücher“ am dortigen Zentrum für Künstlerpublikationen führt demnach ab Freitag nämlich „alle Künstlerbücher, Grafiken und Künstlerpostkarten von Piller sowie die von ihm konzipierten Plakate und Einladungskarten zusammen. Die Ausstellung erschafft so gleichsam ein Meta-Archiv, das die Arbeit des Archivars und Künstlers Peter Piller archiviert.“

Was hat es nun auf sich mit den Künstler:innenbüchern, die ja deutlich zu unterscheiden sind von schnöde-informativen Ausstellungskatalogen? Sie „erzählen Geschichten, sind Manifeste, Archive oder politische Proklamationen“, hieß es Ende 2017, da stellte die Hamburger Kunsthalle welche aus: „Sie brechen mit traditionellen Formen der Gestaltung, eröffnen neue Räume, sind programmatisch, narrativ, spielerisch oder auch abgründig.“ Sie zeigen also, was herauskommt, wenn sich Künstler:innen mit dem Buch beschäftigen, seinen Eigenschaften und wohl auch seiner – zumindest in manchen sozialen Milieus – beträchtlichen Aufladung mit Bedeutung.

Spätestens in den 1960er-Jahren wurden Künstler:innenbücher dann aber auch zum handfesten Beleg für einen ganz bestimmten Anspruch, nämlich den, dass es Kunst für alle geben solle. Und konterkarieren den auch gleich wieder: Einerseits gab es da lange überschaubare Auflagen, die aber durch – zum Beispiel – die Nummerierung durch Künstler:innenhand das in Serie produzierte Buch doch wieder mit Original-Charakter versah; hier greifen dann rasch die üblichen Mechanismen von Angebot und Nachfrage; im Einzelfall kann sich so ein Buch aber auch in fünfstelliger Zahl verkaufen.

Zur Bremer Ausstellung, die eigentlich eine Doppelte ist – seit Mitte Juni schon lässt die Weserburg ja seine Archivalien in eine Art Hängungsdialog treten mit den US-Mythenbildern von Richard Prince, erscheint nun, klar, auch ein neues Künstlerbuch Pillers: „Materialien (J). Peripheriewanderung Bremen“.

Alexander Diehl

„Peter Piller – Archiv der Bücher“:

Kabinettausstellung, 23. 7.–14. 11.;

„Peter Piller – Richard Prince“: bis 31. 10., beides Bremen, Weserburg

https://weserburg.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen