das ding, das kommt: Wer verliert,gewinnt

Die Idee liegt so nah, dass sie mit wenig Denkkraftaufwand einleuchtet: Wenn man etwas verausgabt, soll auch wieder was reinkommen. Alles andere wäre unproduktive Verschwendung. So ein Fitnesslaufband etwa: Da tritt jemand die ganze Zeit auf der Stelle, um Schritt für Schritt dem Idealbild näherzukommen. Aber der Großteil der eingesetzten Energie: verpufft. Rund um den sich perfektionierenden Körper: nur heiße Luft.
Die einleuchtende Idee also: Schon 2004 luden der Naturschutzbund Nabu und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ins „erste regenerative Fitnessstudio“ Deutschlands. Die Kraft, die auf Fahrrädern, Laufbändern und anderen Geräten in Bewegung umgewandelt wird, wollten Nabu und VCD mit hoch effizienten Transformationsdynamos ins Stromnetz einspeisen.
War nur ein Aprilscherz zum Lach- und Denkmuskeltrainieren, aber in Berlin steht nun echt ein grünes Gym, das Fitnessstrom in Batterien speichert. Um ein paar Mal das Smartphone mit pushender Motivationsmucke aufzuladen, reicht das dicke: Wer 30 Minuten auf dem Fahrrad-Ergometer strampelt, schafft 40 Wattstunden. Oder anders gerechnet: Mit dem erzeugten Strom kann man sich immerhin die verschwitzten Haare trockenföhnen.
Auf andere soziale Orte übertragen, klingt die Dynamo-Idee aber eher nach „Fun ist ein Stahlbad“ und Hamsterrad. Um einen Haushalt am Laufen zu halten, braucht es schon Hingabe: Acht emsige Radler*innen können den Bedarf einer Mikrowelle decken, hat der WDR mal herausgefunden. Für Spül- und Waschmaschine braucht es schon ein hoch motiviertes Team: 25 zum Spülen und 35 zum Waschen.
Aber es gibt noch einen sozialen Ort, wo die Idee vom Sichverausgaben immer mehr mit produktivem Sinn aufgeladen wird: In der aus dem Alltagseinerlei ausbrechenden Ekstase des Fests nämlich, schrieb der französische Verausgabungsphilosoph Georges Bataille – allerdings kritisch gegen den Produktivitätsimperativ gerichtet – werde das Individuum zum „Subjekt auf dem Siedepunkt“.
Beim Festival „Futur 2“ in Hamburg soll dieses siedende Subjekt nun nutzbar gemacht werden: Diesen Samstag soll mit zehn Bühnenstrom-generierenden Fahrrädern bewiesen werden, „dass Ekstase und ein zukunftsfähiger Lebensstil gut zusammenpassen“, wie Veranstalter Björn Hansen sagt. Komplett energieautark soll das Festival mit Sonnenunterstützung werden. Ab 22 Uhr sieht’s deshalb doch wieder ähnlich aus wie im Fitnessstudio: Da strampeln sie dann bei einer exklusiven, stromsparenden Kopfhörerparty. Robert Matthies
Sa, 26. 5., 12 Uhr, Hamburg, Elbpark Entenwerder,www.futur2festival.de
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen