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corona in hamburg„Weihnachten und Ostern an einem Tag“

Impfung um 12 Uhr im Seemannsclub Duckdalben, Zellmannstraße 16,

gleichzeitig weltweites Tuten der Schiffshörner zum Internationalen Tag des Seefahrers #ShoutOutForSeafarers

Interview Arne Matzanke

taz: Frau Wibel, als erste Hafenstadt Deutschlands impft Hamburg heute Seeleute ohne Ansehen ihrer Nationalität gegen das Coronavirus. Wieso jetzt?

Anke Wibel: Die Deutsche Seemannsmission hat zusammen mit Ver.di, dem Verband Deutscher Reedereien und dem hafenärztlichen Dienst lange dafür gekämpft. Wir können nicht sagen, dass diese Menschen „Keyworker“ sind und uns dann nicht um sie kümmern. Die Crews mussten teilweise Monate länger auf den Schiffen verharren, als ihnen das erlaubt und zuzumuten ist. Nun haben wir es endlich geschafft, auch Anerkennung für die Menschen zu finden, die uns den Kaffee oder den Impfstoff in die heimischen Märkte bringen. Viele Länder impfen außerdem nur Seeleute der eigenen Flagge. Es ist spät, aber immerhin tut sich was.

Wie viele Impfungen stehen Ihnen zur Verfügung?

Zurzeit sind es 40 Impfungen, die wir hier im Seemannsclub Duckdalben bekommen. Das ist erst mal nur ein sehr kleiner Tropfen auf einen heißen Stein. Wir hoffen aber, dass sich das Kontingent in Zukunft vergrößern wird und wir immer mehr Seeleute hier vor Ort impfen können.

Wie ist momentan die Situation auf den ­Schiffen?

Viele Reedereien und Kapitäne haben Angst, ihre Besatzung an Land gehen zu lassen. Ein ­Corona-Ausbruch an Bord ist eine Katastrophe. Im Regelfall muss die Besatzung dann in einem Hafen anlegen und dort an Land in Quarantäne gehen. Allerdings gab es schon Vorfälle, in denen Staaten die Einreise von Schiffen mit aktiven ­Coronafällen abgewiesen haben. Besatzungen aus Hochrisikogebieten dürfen auch in Deutschland nicht an Land. Ich habe erst letzte Woche mit einer philippinischen Crew und einem indischen Kapitän geredet, die mir gesagt haben, dass sie seit zehn Monaten nicht mehr von Bord gegangen sind.

Wie hat sich die Arbeit im Seemannsclub seit Ausbruch der Pandemie verändert?

Foto: privat

Anke Wibel

59, ist seit 25 Jahren Diakonin beim Seemansclub Duckdalben.

Das besondere an unserem Club ist, dass wir ein ausgeklügeltes Hygienekonzept haben. Das bedeutet, dass Crews bei uns ihren manchmal nur sehr kurzen Landgang in einer kontrollierten Umgebung und unter Einhaltung aller Sicherheitsauflagen genießen können. Nach Ausbruch der Pandemie sind wir jedoch viel häufiger direkt auf die Schiffe gegangen. Wenn die Besatzung nicht zu uns kommen kann, dann kommen wir halt zu ihnen. Wir wollen ihnen vermitteln: „Wir sind für euch da. Wir haben euch nicht vergessen.“ Seit Anfang der Pandemie haben wir nun circa 4.500 Besuche auf den Schiffen gemacht und der Besatzung auch Dinge geliefert, die sie bei uns bestellen können. Von Tischtennisbällen bis hin zu Obst. Alles, was der Seele gut tut, bringen wir an Bord. Vor der Pandemie war das nur ein Bruchteil.

Wie ist Ihr Eindruck bei diesen Besuchen – sind die Seeleute wohlauf?

Zum Glück geht es den meisten Seeleuten gut. Natürlich sind sie in Sorge. Der Großteil von ihnen arbeitet für ihre Familien und die haben sie lange nicht sehen können. Deswegen drehen sich viele Fragen darum, wie die Coronasituation sowohl bei uns als auch bei ihnen zu Hause aussieht. Vor allem sind sie dankbar, dass wir kommen, und freuen sich wahnsinnig zu reden. Wer das Glück hat, von Bord gehen zu dürfen, sitzt hier meist im Club, als wäre Weihnachten und Ostern an einem Tag. Sie haben glänzende Augen und genießen das Gefühl, wieder Land unter den Füßen zu haben.

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