cdu und einwanderung: SCHADEN MACHT KLÜGER
Deutschland braucht Einwanderung. Zu diesem Eingeständnis haben sich gestern die Parteivorsitzenden der CDU und CSU, Angela Merkel und Edmund Stoiber, durchgerungen. Damit gaben die Unionsparteien auch ihre ablehnende Haltung zur Anwerbung ausländischer Experten auf. Diese Kehrtwende ist alles andere als sensationell. Will die CDU weiterhin die Partei sein, die die größte Wirtschaftskompetenz für sich reklamiert, kann sie gar nicht anders, als einer großzügigen Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zuzustimmen.
Gleichzeitig steht die CDU seit dem Flop ihrer „Kinder statt Inder“-Kampagne vor einem Dilemma. Zwanzig Jahre lang mobilisierte die Union in Wahlkämpfen erfolgreich mit der Emotionalisierung des Ausländerthemas. Diese Strategie ist ein Auslaufmodell. Denn die Bundesbürger haben im Laufe der Green-Card-Debatte dazugelernt: Nicht die Ausländer sind per se auf die Gnade der Deutschen angewiesen, die Bundesrepublik ist aus wirtschaftlichen und demographischen Gründen von Zuwanderung abhängig.
Die CDU wurde mit dem Thema Green Card vorgeführt. Sie präsentierte sich verknöchert und strukturkonservativ. In einer Zeit wirtschaftlicher Modernisierung ein tödliches Image. Der Gesichtsverlust der CDU erzeugt jedoch Aggressivität. Wenn Stoiber und Merkel nun ein Gesamtkonzept für Asyl, Armutszuwanderung, Familienzusammenführung und Einwanderung von hoch spezialisierten Arbeitskräften fordern, verspricht dies nichts Gutes. Die Union wird die Debatte gnadenlos ökonomisieren, Einwanderer streng unter Nützlichkeitsaspekten bewerten. Das geht auf Kosten der Bürgerkriegs- und Armutsflüchtlinge, die fester Bestandteil von Migration sind und die Deutschland aus humanitären Gründen aufnimmt. Um sie wird zukünftig der große Streit gehen.
In dieser Situation kommt den Grünen eine besondere Verantwortung zu. Im Gegensatz zu den anderen Parteien haben sie ein Gesamtkonzept für die Einwanderung in der Schublade liegen. Ein Konzept, das wirtschaftliche und humanitäre Aspekte berücksichtigt. Es ist langsam an der Zeit, dass die Grünen ihr kleinmütiges und taktisches Schweigen vergangener Monate aufgeben und nicht der Union das Feld überlassen. Das Thema Einwanderung ist eines der letzten Politikfelder, auf denen die Grünen beweisen könnten, dass ihre parlamentarische Präsenz einen Sinn macht.
EBERHARD SEIDEL
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