bush und irak: Fahrlässige Ermutigung
Mit jeder Äußerung von Bush oder Rumsfeld wird deutlicher: Die US-Regierung ist von einem Krieg gegen den Irak kaum noch abzubringen. Die Zustimmung des US-Kongresses zu einem Krieg noch vor den Wahlen im November ist dem Präsidenten sicher. Jedes Einlenken der irakischen Regierung weist Bush als hinterhältigen Trick zurück. Der US-Präsident hat sich auf einen Angriff festgelegt. Zögert er jetzt, wäre das sein politischer Untergang. Ohne einen Kriegserfolg kann Bush es kaum wagen, bei den Präsidentschaftswahlen 2004 wieder anzutreten.
Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ
Der Präsident sitzt in der selbst gebauten Falle. In die haben ihn seine Verbündeten ungehindert hineinlaufen lassen. Führen die USA Krieg gegen Irak, wird dies auch ein Desaster für die europäische, und damit die deutsche, Außenpolitik sein. Nicht wie Stoiber meint, weil die Regierung Schröder zu wenig tut, um dem Irak militärisch zu drohen, sondern ganz im Gegenteil: weil auch die deutsche Regierung nicht früh genug offen gegen die US-Pläne protestierte. Denn auch wenn Bush jetzt kaum noch zu stoppen ist, es spricht einiges dafür, dass es innerhalb des letzten Jahres mehrmals die Chance gab, die US-Regierung davon abzubringen, sich auf einen Irakkrieg festzulegen.
Spätestens im November 2001 hätten die Verbündeten aufhorchen müssen. Damals setzte Bush erstmals Staaten, die nach Auffassung der USA den Besitz von ABC-Waffen anstreben, mit Staaten gleich, die Terroristen beherbergen. Mitglieder der Bush-Regierung sprachen die Konsequenz öffentlich aus: Der „Krieg gegen den Terror“ sollte auch ein Krieg gegen den Irak werden. Die Proteste aus Europas Hauptstädten waren bestenfalls zögerlich. Bush musste zu der Überzeugung gelangen, dass die Verbündeten seine Linie heimlich gutheißen. Im Frühjahr folgte eine zweite Runde der offenen Drohungen durch einflussreiche Bush-Berater. Wieder keine deutlichen Reaktionen, auch nicht aus Berlin. Besser konnte man die US-Regierung nicht zu einem Kriegskurs gegen den Irak ermutigen.
Jetzt ist es wohl zu spät, um gegenzusteuern. Aber es könnte sich lohnen, aus den Fehlern des letzten Jahres zu lernen. Es wäre hilfreich, kriegerische Sprüche aus Washington künftig ernster zu nehmen und den Mund schon aufzumachen, solange ein Kurswechsel noch möglich ist. Eine Garantie, künftige Kriegspläne der USA abzuwenden, ist das nicht. Aber einen Versuch wäre es wert.
inland SEITE 8, ausland SEITE 11
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