big in korea: FRANK KETTERER über den Küchenchef des DFB
SchniPoSa für Rudis Recken
Es hat auch diesmal, obwohl in Deutschland doch erst Samstagmorgen ist und damit beste Frühstückszeit, wieder Berge von Spaghetti gegeben und nicht viel weniger Salate und Gemüse. Dafür musste man das Stückchen Fleisch auf dem Teller, zwischen all den Nudeln und all dem Salat, doch suchen. Wesentlich mehr als 120 Gramm waren nämlich auch diesmal nicht drin, schließlich gilt vor so einem Spiel: Jede Menge Kohlehydrate aber wenig Eiweiß. Geschmeckt hat es den Nationalspielern natürlich dennoch wieder, auch ohne Fleischberg, schließlich wurde auch das letzte Mahl vor dem Achtelfinale, sozusagen die Henkersmahlzeit, wieder von Heinz Imhof, dem Küchenchef des Deutschen Fußball Bundes zubereitet. Der Mann weiß schon ganz genau, wie man den Gaumen eines Nationalspielers kitzelt.
Wobei: Nur auf den Geschmack kommt es nicht an, wenn Imhof den Kochlöffel schwingt, zumindest nicht bei der Nationalmannschaft, sondern mindestens ebenso sehr darauf, dass die Menüs, die er hier zusammenstellt und kocht, bekömmlich sind und Kraft geben für sportliche Höchstleistungen. „Ich habe dafür zu sorgen, dass das, was auf den Tisch kommt, mundet und sportlergerecht ist“, beschreibt der 49-Jährige seinen Arbeitsauftrag bei der WM, und deshalb hat er auch eine ganze Menge Zutaten von Deutschland nach Japan und Südkorea mitgenommen. Verschiedene Oliven- und Distelöle sowie Essige zum Beispiel, aber auch ein ganzes Sortiment an Körnern, Vollwertkost eben. Der Rest wird frisch eingekauft, manchmal sieht man Imhof schon frühmorgens auf dem Fischmarkt auf Fang, besonders gefällt ihm, dass da in den Kisten „noch zappelt“, was nur ein paar Stunden später auf den Tisch kommt. Auch Fleisch, Gemüse, Salate und Obst kauft der Chefkoch vor Ort, zum Menü verarbeitet werden sie dann in der jeweiligen Hotelküche und unter Mitarbeit des dortigen Personals.
Aber das ist ja nur der Alltag eines Kochs, viel mehr interessiert ja schon, was die „Unsrigen“ denn so besonders gern essen, Oliver Kahn zum Beispiel. Der, erzählt Imhof dann, ignoriere manchmal das Mittagessen und fordere stattdessen eine Schüssel Müsli an. „Und dann mache ich ihm eben einen riesigen Topf Müsli mit frischen Früchten“, sagt Imhof – und später geht Kahn raus ins Stadion und hält die Bälle wie ein Verrückter, eben wegen Imhofs Müsli. Oder Michael Ballack: Sieht manchmal nicht nur aus wie ein Milchbubi, sondern ist auch einer, jedenfalls mag er Milchreis für sein Leben gern, am besten mit Zimt und Zucker obendrauf. Und wenn Heinz Imhof dann Milchreis kocht und Zimt und Zucker obendrauf streut, sei der Pott immer ganz schnell leer, weil das auch die anderen Nationalspieler gerne essen.
„Das sind ja alles ganz normale Kerle“, schließt Imhof daraus – und zumindest bei den Essgewohnheiten überhaupt keine schnöseligen Jungmillionäre, wie das vor einiger Zeit ja mal in einer Zeitung stand, wenn auch über die Bayern aus München. „Scampi-Bayern“ hatte das Blatt damals geschrieben, und Heinz Imhof muss noch heute darüber lachen, weil das zum einen ausgesprochener Blödsinn, es zum anderen aber schon auch so sei, dass Scampi durchaus sportlergerechte Nahrung sind. Von den Schnitzeln mit Pommes und Salat, die sich die Spieler immer wieder wünschen, kann man das hingegen nicht behaupten. Zu schwer und zu fett, winkt Imhof ab, und deshalb gibt es SchniPoSa auch nur zu ganz besonderen Anlässen –und nach vorheriger Absprache mit den Mannschaftsärzten.
Letzten Mittwoch zum Beispiel war SchniPoSa-Tag, weil die deutsche Mannschaft doch am Vorabend gegen Kamerun gewonnen hatte und ins Achtelfinale eingezogen war. „Dafür wollte ich die Jungs belohnen“, sagt Imhof – eben mit einem Berg aus Schnitzeln. Wie sich Imhof überhaupt nicht nur als Koch sieht, sondern auch als eine Art Gute-Laune-Onkel. „Wenn das Essen nicht passt und nicht schmeckt, dann sinkt die Stimmung automatisch in den Keller“, weiß Imhof, oder, wie es auf hoher See heißt: „Die Stimmung wird in der Kombüse gemacht.“ Geht es danach, muss Heinz Imhof ein verdammt guter Koch sein, schließlich wird die deutsche Mannschaft ja allenthalben wegen ihrer Stimmung gelobt. Mal sehen, wie die Stimmung heute Abend ist. Mal sehen, ob Heinz Imhof nach dem Spiel wieder Schnitzel mit Pommes und Salat kredenzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen