berlinische galerie: Unerhörte Kassandrarufe
Dicker konnte es für die Berlinische Galerie nun wirklich nicht kommen: Erst wurde sie aus dem Martin-Gropius-Bau vertrieben, dann durfte Direktor Merkert nicht in sein Lieblingsobjekt, das Postfuhramt. Seit Jahren wird die Eröffnung am Kreuzberger Viktoria-Areal verschoben, weil die gewaltigen Eiskeller nicht trocken gelegt werden können. Jetzt droht die Verlängerung der Obdachlosigkeit und die erneute Standortsuche. Wann die renommierte Sammlung der 20er Jahre und der modernen Kunst aus dem Depot geholt werden kann, weiß niemand. Die Berlinische Galerie ist mittlerweile ein Synonym für die unendliche Geschichte aus Pleiten, Pech und Pannen.
Kommetar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Verantwortlich für die Misere ist aber nicht das Museum selbst – es sind die politischen Standortplaner. Statt den Museumsbau zur öffentlichen Angelegenheit zu machen, hat das Land dieses privaten Investoren überlassen – in der Hoffnung mit ein paar Millionen Mark Anteil ein Geschäft zu machen. Hinzu kommt nun, dass die Verträge wohl nicht ‚wasserdicht‘ genug abgeschlossen sind, kann doch nach der jetzigen Pleite ein neuer Investor auf dem Viktoria-Areal dem Museum die kalte Schulter zeigen. Und viel zu wenig hat man im Senat auf die Kassandrarufe gehört, dass angesichts der Marktlage das Millionenprojekt am Kreuzberg und der Ausbau der feuchten Eiskeller zu Ausstellungsräumen zum Risiko geworden sind. Augen zu und durch, lautete die Devise.
Jetzt fallen die Geschäfte, Verträge und Risiken dem Land auf die Füsse und die neue Kulturverwaltung muss Krisenmanagement betreiben. Ob das gelingt, ist fraglich. Sicher ist nur, dass ein Museum und die Liebhaber der Kunst weiter zu den Leidtragenden gehören werden.
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