ausgespottet: Visiere im Schrank zu haben, ist so schlimm nicht
Schulsenator Ties Rabe (SPD) musste in dieser Woche mal wieder Spott über sich ergehen lassen. Vollkommen umsonst habe er für seine Lehrkräfte 30.000 Schutzvisiere angeschafft, obwohl doch nun das Robert-Koch-Institut deren Nutzen bezweifelt und sie nicht mehr als vollwertigen Mund-Nasen-Schutz gelten lassen will.
Ganze 35.000 Euro soll der Schulsenator mit dieser Anschaffung in den Sand gesetzt haben. Dieser wehrt sich: Im Unterricht sei es mit Visieren sicherer als ohne, sagte er dem NDR. Auch hätten die Gesichtsvisiere die Masken nie ersetzen sollen. Sie hätten nicht dort eingesetzt werden sollen, wo Maskenpflicht herrscht.
Und außerdem hätten die durchsichtigen Plastikschilde zum Zeitpunkt der Bestellung, vor den Sommerferien, als sicher gegolten.
Immerhin muss man dem Senator zugestehen, dass er seine Lehrkräfte zusätzlich mit richtigen Masken versorgte. Auch galt zu Beginn der Coronapandemie der Schutz der Augen als wichtig. Sogar Kanzlerin Angela Merkel mahnte, man sollte sich nicht dorthin fassen. Eine Studie aus China liefere erste Hinweise dafür, dass Brillenträger womöglich ein geringeres Risiko hätten, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, berichtete jüngst das Hamburger Abendblatt.
Nur mal angenommen, diese Spur erhärtet sich und Hamburgs Schulsenator hätte es versäumt, rechtzeitig für seine Lehrkräfte Visiere anzuschaffen: Wie lautete dann wohl die Kritik? Etwa: Unfähiger Senator schafft es nicht mal, günstigen Gesichtsschutz zu kaufen, um seine Beschäftigten vor einer Ansteckung zu bewahren?
Die Visiere im Schrank zu haben, ist so schlimm nicht. Gut beraten wäre Rabe, zusätzlich auch noch dafür zu sorgen, dass die Fenster leichter zu öffnen sind, sowie CO2-Ampeln und Luftreiniger zu ordern. Besser zu viel als zu wenig Material, um die Schulen offen zu halten.
Den Unterricht in Zeiten der Pandemie aufrecht zu erhalten, zieht Umsetzungsprobleme auf vielen Ebenen mit sich. Da sind Korrekturen unumgänglich. Und nicht jede hat eine hämische Kommentierung verdient. Damit sollten wir sparsam sein, denn es nutzt sich ab. Kaija Kutter
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