apokalypse der woche: Dichte Dächer, löchrige Regeln
Wenn Ihnen jemand zu Weihnachten Geld schenkt und Sie nicht wissen, wohin damit: Eine Anlage in Unternehmen der Bau-, Renovier- oder Dämmindustrie wäre ein guter Tipp. Denn nach dem, was die EU-Kommission diese Woche vorgestellt hat (siehe Seite 8), wird es unter europäischen Dächern die nächsten Jahre hoch hergehen: Bis 2030 sollen zwischen Sizilien und Nordkapp 30 Millionen Häuser und Wohnungen energetisch saniert sein, Bürogebäude schon drei Jahre früher. Ab 2030 müssen alle Neubauten klimaneutral sein, Öl- und Gasheizungen sollen durch Wärmepumpen (mit Ökostrom) ersetzt werden. Wo die Handwerker und Bauerabeiterinnen dafür herkommen sollen, weiß allerdings noch niemand.
Die Vorgaben für den Gebäudesektor, die die Kommission diese Woche vorstellte, sind ja auch nur ein Teil des umfassenden Pakets der EU-Kommission zur Emissionsreduktion um 55 Prozent bis 2030, genannt „Fit for 55“. Den großen Aufschlag zu mehr Erneuerbaren, mehr Effizienz, verschärfter Emisisonshandel und höhere CO2-Preise für Öl und Gas, einem Aus für die fossilen Verbrennungsmotoren, einer neuen Landwirtschaft und so weiter hat die Kommission bereits im Sommer gemacht. Damals sprach der zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans bereits von einer „Renovierungswelle“, die durch Europa laufen sollte.
Jetzt aber hat sich die Brüsseler Umweltorganisation Transport and Environemnt (T&E) die Vorgaben der Kommission für die Mitgliedstaaten genauer angesehen. Ihr Ergebnis: Die Forderungen seien viel zu lasch und brächten statt der geforderten 40 nur 33 Prozent Treibhausgas-Reduktion bis 2030. Das reiche bei Weitem nicht aus für das Ziel „Fit for 55“.
Vor allem stört die T&E-Rechner das System von „Flexibilitäten“ gegenüber den Staaten: Diese sollen sich in der Zukunft die Emissionsreduzierungen aus der Covid-Pandemie („Covid-Rabatt“) gutschreiben können – also mehr in der Zukunft ausstoßen können, weil sie in der Krise weniger emittiert haben. Außerdem sollen sie in den zuständigen Bereichen wie Verkehr, Gebäude, Abfall und Landwirtschaft jetzt CO2-Gutschriften etwa aus dem EU-Emissionshandel oder der Waldwirtschaft einsetzen können. Solche „Schlupflöcher“ im System, so die Kritik, verzögerten dringend nötige Veränderungen bei den problematischen Sektoren wie Verkehr und Gebäuden. (bpo)
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