apabiz-Jahresbericht für 2017: Weniger Nazis auf der Straße
Auch im Jahr 2017 ist die Zahl rechtsextremer Proteste in Berlin gesunken. Viele Rechte setzen jetzt verstärkt auf die AfD im Parlament.
Die Zahl der extrem rechten und asylfeindlichen Straßenproteste ist 2017 noch einmal zurückgegangen. Das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (apabiz) dokumentiert in seinem Jahresbericht 120 Demonstrationen. Waren es 2015 noch 234 rechtsextreme Kundgebungen, sank die Zahl 2016 bereits auf 173. Die rückläufige Tendenz könnte sich laut apabiz auch 2018 fortsetzen.
Es sind vor allem regelmäßige Proteste wie die Bärgida-Demonstrationen oder der seit 2016 vom Brandenburger AfD-Landtagsabgeordneten Franz Wiese organisierte Merkel-muss-weg-Mittwoch, die einen Großteil der Veranstaltungen ausmachen. Doch die Resonanz schwindet. Lediglich 25 aller rechtsextremen Kundgebungen konnten mehr als 50 Teilnehmer versammeln, 2016 waren es noch dreimal so viele.
Als Gründe für die geringe Protestbeteiligung nennt das apabiz den Einzug der AfD in den Bundestag und ins Berliner Abgeordnetenhaus. Eigene Demonstrationsveranstaltungen organisierte der AfD-Landesverband 2017 nicht. Die Bewegung fokussiere ihre Erwartungen nun auf die Wirkmacht der Partei, vermutet Kilian Behrens vom apabiz.
Darüber hinaus erreichen rechte Gruppierungen ihr Publikum nicht mehr nur auf Straßenprotesten, sondern auch „über ein wachsendes Netzwerk an extrem rechten Medien und Verlagen“, so Behrens. So böten unter anderem Live-Streams über soziale Netzwerke eine neue Zuschauerplattform. Frank Metzger (apabiz) begrüßte jedoch die geringe Aufmerksamkeit, die die Presse Bärgida mittlerweile entgegenbrächte. Dies sei ein Misserfolg für die Veranstalter rechter Demonstrationen.
NPD weniger präsent
Auch der Ausschluss der Berliner Landesliste der NPD von den Bundestagswahlen und der damit entfallene Wahlkampf spiegele sich in dem Rückgang der rechtsextremen Kundgebung wider. Die NPD sei weniger präsent als noch 2016. Ein Jahr nach dem gescheiterten Verbotsverfahren habe die Partei daraus keinen Vorteil für sich ziehen können, so Vera Henßler von apabiz.
Zentrum der Straßenproteste bleibt weiterhin Berlin-Mitte. Bereits im Vorjahr hatten sich die Proteste vermehrt in die räumliche Nähe der Regierung begeben. Auch inhaltlich verschob sich der Schwerpunkt, von dem Protest gegen die Einrichtung neuer Unterkünfte für Geflüchtete hin zu einer Ablehnung der Asypolitik Angela Merkels. So dokumentierte das apabiz in Marzahn-Hellersdorf 2015 noch 63 rechtsextreme Demonstrationen, 2017 war es nur noch eine.
„Grund zur Entwarnung ist das trotzdem nicht“, mahnt Behrens jedoch mit Blick auf die Statistik. Im Vergleich zu der Zahl der Straßenproteste sei die Anzahl an gewalttätigen Übergriffen gegen Geflüchtete nicht rückläufig. Auch gebe es weiterhin erfolgreiche Großveranstaltungen der rechtsextremen und neonazistischen Szene. So nahmen an der Demonstration der Identitären Bewegung am 17. Juni 2017 in Berlin Mitte 700 Personen teil, am Merkel-muss-weg-Mittwoch vom 4. März sogar 1.000.
Die größte Veranstaltung war der Rudolf-Hess-Gedenk-Marsch in Spandau, zu dem etwa 1.200 Menschen kamen. Ähnliche Veranstaltungen seien laut apabiz auch für 2018 zu erwarten. Zudem sei mit einer weiteren Radikalisierung des Anhängerkerns zu rechnen.
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