Zyklon „Idai“ in Mosambik: Nach dem Sturm
In Mosambik regnet es immer weiter. Nun wächst die Furcht vor Seuchen und sexualisierter Gewalt in den Notlagern.
Regierungen und Hilfswerke sind verzweifelt damit beschäftigt, Menschen von Hausdächern und Bäumen zu holen. Rund 15.000 Mosambikaner sollen auf diese Weise vor den Fluten Zuflucht gesucht haben und auf Rettung warten. Und es regnet und regnet. Amtlichen Angaben zufolge wird in einigen Regionen mit einem Anstieg des Wasserpegels um bis zu acht Meter gerechnet, bis zu 350.000 Menschen könnten davon betroffen sein.
Als Folge des Sturms und der Überschwemmungen drohen Seuchen, die noch viel mehr Tote fordern könnten. Der Zyklon hat in seinem Durchzugsgebiet die meisten Wasserstellen und sanitären Einrichtungen zerstört. Es gibt kaum sauberes Trinkwasser. Ernten und Vorräte sind vernichtet. Infrastruktur wurde weggeschwemmt. Strom gibt es nicht mehr.
Die Regierung von Präsident Filipe Nyusi hat den Ausnahmezustand ausgerufen. Es droht die Ausbreitung von Malaria und Cholera, die insbesondere die verwundbarsten Bevölkerungsgruppen wie kleine Kinder gefährden. Helfer melden eine Zunahme von Durchfallerkrankungen und Atemwegsinfektionen unter denen, die sich in Notlager gerettet haben.
Große Sorge wegen möglicher Seuchen
„Das Risiko von Malaria, Typhus und Cholera ist signifikant erhöht“, sagt Matshidiso Moeti, Afrikadirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO. Sie verweist auf die große Zahl obdachlos gewordener Menschen. Laut einer Erhebung des „Pacific Disaster Center“ aus den USA sind 43.000 Haushalte in Mosambik mit 181.000 Angehörigen direkt überflutet worden. Mindestens 65.000 Mosambikaner halten sich mittlerweile in gut 100 Notlagern in den Provinzen Manica, Sofala, Tete und Zambezia auf. Zumeist sind es Schul- und Kirchengebäude, die dafür nicht eingerichtet sind. Bedürfnisse werden im Freien verrichtet, ausreichende Waschgelegenheiten gibt es nicht.
„Das Potenzial der Seuchenausbreitung bereitet uns große Sorgen“, sagt Jamie LeSueur, Mosambik-Einsatzleiter der Internationalen Rotkreuzföderation IFRC. „Nach einer solchen Naturkatastrophe ist Zugang zu sicherem Wasser entscheidend, um die Gesundheitssituation unter Kontrolle zu bekommen.“
Die Menschen in den Lagern haben all ihren Besitz verloren, sie haben nichts zu essen und sind komplett auf Nothilfe angewiesen. Ein besonderes Problem ist die Gefahr sexueller Übergriffe. „Es fühlt sich ungemütlich an, sanitäre Einrichtungen mit Männern zu teilen“, sagt Adia Nemane, eine junge Frau, die mit ihrer Familie in einem Lager in Beira lebt. „Der Gedanke macht mir Angst. Es ist wie eine Vergewaltigung.“
Aufklärung für Frauen und Mädchen
Die Kinder- und Gendergleichheitsorganisation „Plan“ arbeitet daran, diese Risiken zu minimieren. „Wir sind dabei, Kinderschutzteams aufzustellen, um über die Gefahren für junge Frauen und Mädchen aufzuklären und sicherzustellen, dass Vorfälle prompt gemeldet werden“, sagt eine Sprecherin.
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Ältere Lagerbewohner müssen ihrerseits fürchten, bei der Hilfe leer auszugehen. „Die Lebensmittelverteilungen sind unregelmäßig, und sobald es etwas gibt, gibt es ein fürchterliches Gedrängel“, sagt der 76-jährige Ernest Macamo. „Ich bin nicht mehr so kräftig und werde weggeschubst.“
Beira, Mosambiks viertgrößte Stadt mit 530.000 Einwohnern, ist der Ort, wo Wirbelsturm Idai vom Indischen Ozean kommend auf Land traf. 90 Prozent der Stadt sind zerstört, sagen Hilfsorganisationen. Springfluten, überlaufende Staudämme und Hochwasser haben zudem zahlreiche Dörfer und Kleinstädte im Umland von der Außenwelt abgeschnitten.
Aufrufe für Spenden
Über 100.000 Menschen seien in Orten der Provinz Manica von der Außenwelt abgeschnitten, erklärt die staatliche Katastrophenmanagementbehörde. Im Buzi-Flusstal sind Beobachtungen aus der Luft zufolge ganze Dörfer in den Fluten untergegangen.
Arimando Domingos ist mosambikanischer Journalist und arbeitet für das Netzwerk „Centre for African Journalists“. Der Text seines Kollegen aus Simbabwe konnte wegen des Stromausfalls nicht geschickt werden.
In diesen Regionen wird sich erst nach und nach herausstellen, wie verheerend die Katastrophe ist. Und je klarer das wird, desto mehr Hilfe wird nötig sein. „Der Bedarf dürfte weit über die ursprünglichen Schätzungen hinausgehen“, sagt Herve Verhoosel, Sprecher des UN-Welternährungsprogramms WFP. Das WFP hat zu Spenden von 120 Millionen US-Dollar aufgerufen, um 1,7 Millionen Menschen in Mosambik über die kommenden drei Monate zu versorgen. „Dieses Geld haben wir natürlich nicht“, sagt Vehoosel.
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