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Zwist in Südafrikas RegierungUkraine-Krieg als Spaltpilz

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa unterstützt Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Doch sein wichtigster Koalitionspartner unterstützt die Ukraine und kommt nun mit einer Retourkutsche.

Der russische Präsident Wladimir Putin (r.) und der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa Foto: Maxim Shemetov/Pool Reuters/dpa

Johannesburg taz | Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine stürzt Südafrikas Koalitionsregierung in immer neue Turbulenzen. Vergangene Woche sorgte Präsident Cyril Ramaphosa von der historischen Regierungspartei ANC (African National Congress) mit seinem Besuch beim Brics-Gipfel in Russland und seiner Bezeichnung des Gastgebers Wladimir Putin als „geschätzten Freund“ für Unmut beim wichtigsten Koalitionspartner DA (Democratic Alliance). Jetzt kommt die Retourkutsche: DA-Innenminister Leon Schreiber hat am Sonntag eine Vereinbarung mit der Ukraine über visafreie Einreise für Inhaber ukrainischer Diplomatenpässe unterzeichnet.

Das wurde eigentlich schon 2020 vereinbart, aber damals wusste Südafrika noch nicht, dass es zu einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine kommen würde, und seitdem lag die Vereinbarung auf Eis. Indem die DA diese jetzt auftaut, entsteht ein Riss in Südafrikas Regierung. Die DA verurteilt den russischen Angriffskrieg, wirft dem ANC vor, auf Russlands Seite zu stehen, und stellt sich nun auf die Seite der Ukraine.

Schreibers Ankündigung ist eine kalkuliert ironische spiegelbildliche Retourkutsche auf Ramaphosas Äußerungen beim G7-Gipfel. „Wir sehen die Ukraine weiterhin als geschätzten Verbündeten und geschätzten Freund, der uns von Anfang an in unserem Kampf gegen die Apartheid unterstützt hat“, sagte der DA-Innenminister.

Das waren genau dieselben Worte, die Ramaphosa einige Tage vorher für Russland gewählt hatte. Innenminister Schreiber fügte hinterlistig hinzu: „Ich freue mich darauf, dass Präsident Ramaphosa diese Woche seine Unterschrift hinzufügt, damit wir diesen für die Beziehungen unserer beiden friedensliebenden Nationen wichtigen Schritt abschließen können.“

Präsidialer Unmut

Nachdem Ramaphosa seinem russischen Amtskollegen Putin beim Brics-Gipfel seine Solidarität zugesichert hat, dürfte Visafreiheit für Ukrainer aber nicht zu seinen Prioritäten gehören. Sein Sprecher Vincent Magwenya äußerte präsidialen Unmut. „Der Präsident muss die Genehmigung für den Minister, damit dieser die Vereinbarung mit der Ukraine unterzeichnen kann, erst noch unterschreiben“, erklärte er. „Es ist unklar, wie der Minister die Unterzeichnung einer internationalen Vereinbarung verkünden konnte, ohne dafür die formale Autorisierung erhalten zu haben.“

Schreiber antwortete umgehend: „Es ist unklar, wieso das der Präsidentschaft unklar ist.“ Schließlich habe Ramaphosa erst vor Kurzem betont, dass Südafrika eine „Politik der Blockfreiheit“ verfolge und sich dadurch „sowohl gegenüber Russland als auch der Ukraine konstruktiv engagieren“ könne.

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10 Kommentare

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  • Was erhofft sich Ramaphosa von Putin und Russland? Südafrika ist in mehrfacher Hinsicht nun wirklich weit weg von dem Konflikt. Für Putin ist er nur ein kleines Licht im BRICS Strahlenkranz internationaler Anerkennung. Geht's um Atomtechnik, andere Handelsgüter, Waffen, Wege, russisches Gold wieder in den Welthandel zu schleusen? Hofft er auf Tricks, persönliche Bereicherung im Amt zu verschleiern? Bietet er sich als Mittel zu Umgehung der Sanktionen an? Als Versorgungspunkt für russische Marineschiffe auf der Südhalbkugel?



    Der Preis für Südafrika sind die Irritationen in Westeuropa über diese Allianz.

    • @Monomi:

      Zitat: "Was erhofft sich Ramaphosa von Putin und Russland?"

      Da gäbe es sicherlich einiges. Man schaue nur, was sich Kim von Russland erhofft. Solange aber aus Südafrika nur Anerkennung kommt, wird das eher nichts.

  • Diskursiv mag Leon Schreiber die während des Kalten Krieges auch von zahlreichen Ukrainer*innen z.B. in Ausbildungslagern auf der Krim geleistete Solidarität mit antikolonialen Bewegungen wie dem ANC von der Sowjetunion abkoppeln zu können. Empirisch dürfte das schwieriger werden, war diese Form der Solidarität, die militärische Unterstützung etwa im Unterschied zu Skandinavien explizit einschloss, doch ein Alleinstellungsmerkmal kommunistischer Länder. Eine Hintergrundreportage wert wäre zudem die Frage, wie sich eigentlich die unabhängige Ukraine zu diesem sowjetischen Erbe verhält bzw. verhalten hat: wurde es offiziell als wertvoller Teil sowjetukrainischer Geschichte anerkannt und gewürdigt oder doch eher antikommunistisch verdrängt wie z.B. in Deutschland?

    • @traficante:

      Was ist die sowjetische Geschichte einschliesslich Holodomor und Hitler-Stalin-Pakt (Winterkrieg in Finnland, Baltikum) oder der sozialistischen Regimes in Osteuropa anderes als Imperialismus?



      Und jetzt geht es gerade so weiter.



      Und der ANC klatscht Beifall.



      Was für eine Perversion!

      • @Carsten S.:

        Womöglich ein Imperialismus, der weitestgehend frei vom Kolonialrassismus des Westens war? In jedem Fall wäre es ein sehr einseitiger und eurozentristischer Blick auf Geschichte, der Unkenntnis gegenüber den vielfältigen Beziehungen zwischen der Sowjetunion, ihren Satellitenstaaten und dem, was heute als "globaler Süden" bezeichnet wird - der vom Westen kolonialiserten Welt. Ich empfehle folgende Texte für erste Einblicke:

        www.buecher.de/art...3820/#reviews-more

        www.degruyter.com/...110642964-009/html

  • Es ist ohnehin nicht an Absurdität zu überbieten, wenn angebliche Antikolonialisten vor dem aggressiv-imperialistischen, expansionistischen Russland den Kotau machen. Was Russland mit seinen Nachbarstaaten vorhat, ist reiner Kolonialismus - ein russisches Herrenvolk soll über die Einheimischen herrschen.

    Wenn der ANC das nicht sieht, liegt er eben falsch.

  • Vielleicht sieht Herr Ramaphosa die Ukraine so ähnlich wie es der chinieische Botschafter Lu Shaye 2023 in Paris formulierte: ehemalige sowjetrepubliken haben keinen völkerrechtlichen Status.



    Also gibt es sie in Wirklichkeit gar nicht...?

    • @Waagschale:

      Der Herr Lu Shaye meint anscheinend, daß es international auch dann üblich sei, Botschafter in Länder zu entsenden, wenn die der entsendende Staat nicht anerkannt habe.

      Oder andersherum: Aus der bloßen Tatsache, Herr Lu Shaye sei Botschafter Chinas in Frankreich, dürfe nicht geschlossen werden, Frankreich habe einen völkerrechtlichen Status.

    • @Waagschale:

      Das ist eine Art Freibrief für Putin, mit den 5 ex-Sowjetrepubliken nach Belieben zu verfahren. China hat an diesen Gebieten kein großes Interesse, wohl weil sie islamisch geprägt sind.



      Aber eines ist richtig : Völlig frei sind diese Staaten nicht. Sie sind eingeklemmt zwischen China und Russland , ohne Zugang zum Meer. Wenn beide Grossmächte sich einig sind, ist Teilhabe am Welthandel mit anderen Ländern praktisch unmöglich. Das schafft fast totale Abhängigkeiten. Einmarschieren ist da praktisch nicht mehr nötig.

      • @Monomi:

        Zu den ehemaligen Sowjetrepubliken gehören auch die drei Anrainerstaaten der Ostsee sowie eben die Ukraine. In diese Staaten hat China Botschafter entsandt: de.wikipedia.org/w...ngen_Chinas#Europa