Zweifelhaftes Kreditgeschäft: Reeder hilft AFD auf die Sprünge
Ein Millionen-Kredit an die eurokritische Partei weckt Zweifel: Möglicherweise wurde das Transparenzgebot bei der Parteienfinanzierung durch ein Schein-Darlehen umgangen.
HAMBURG taz | Ein Millionen-Kredit hat die Euro-kritische Partei Alternative für Deutschland (AFD) in ein schiefes Licht gerückt. Der Osnabrücker Jurist Jörn Ipsen hält es für möglich, dass das Darlehen de facto eine Spende gewesen sei, und die AFD somit versucht habe, sich um die Nennung ihres Financiers zu drücken.
Der Geldgeber, der Hamburger Reeder Folkard Edler, macht nicht nur aus seiner Kritik am Euro keinen Hehl, sondern hat auch Zweifel am angeblich menschengemachten Klimawandel geäußert – unter anderem in der rechtsgerichteten Zeitung Junge Freiheit.
Der AFD-Vorsitzende, der Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke, bestätigte einen Bericht des Spiegels, demzufolge Edler seiner Partei zwei Darlehen à 500.000 Euro gewährt hat. Das erste Darlehen sei für ein halbes Jahr gegeben worden. Als Sicherheit und zur Tilgung habe die AFD dem Reeder 40 Prozent der Einnahmen aus der Wählerstimmenerstattung versprochen – also dem Geld, das der Staat den Parteien für jede gewonnene Stimme bezahlt.
Von den zweiten 500.000 muss die AFD nach Auskunft Luckes jährlich 100.000 Euro zurückzahlen, sofern sie mindestens 200.000 Euro in der Kasse hat. Sollte der AFD das Geld ausgehen, würde ihr Edler nach fünf oder acht Jahren die restlichen Schulden erlassen.
Ipsen, Professor für öffentliches Recht, kritisiert zum einen, dass die AFD für die Kredite nur einen Zins von zwei Prozent pro Jahr bezahlen muss. Die Höhe des Zinses lasse es als fraglich erscheinen, ob es sich um ein echtes Kreditgeschäft handele, sagt der Jurist.
Die Parteien haben Anspruch darauf, dass der Staat ihre im Grundgesetz verankerte Mitwirkung an der Willensbildung des Volkes teilweise finanziert. Bis 1994 nannte sich das "Wahlkampfkostenerstattung".
Maßstab ist der Erfolg bei Europa, Bundestags und Landtagswahlen. Ebenfalls berücksichtigt wird die Höhe der Mitgliedsbeiträge und der Spenden.
Zu verteilen gibt es rund 150 Millionen Euro.
Ausgezahlt werden für jede gültige Listen oder Wahlkreisstimme 70 Cent. Dazu kommen 38 Cent für jeden Euro an Spenden oder Mitgliedsbeiträgen von bis zu 3.300 Euro. Für die ersten vier Millionen Stimmen gibt es 85 Cent.
Die AFD rechnet mit 1,7 Millionen Euro im Jahr.
Lucke kontert diesen Einwand mit einem Hinweis auf das allgemein niedrige Zinsniveau. Sollte seiner Partei durch die Differenz zum Marktzins trotzdem ein „geldwerter Vorteil“ entstanden sein, wäre dieser zwar als Spende zu werten. Da die Zinsen erst 2014 fällig werden, müssten sie erst in dem Ende 2015 vorzulegenden Rechenschaftsbericht für 2014 ausgewiesen werden. „Wo ist das Problem?“, fragt Lucke.
Möglicherweise bei den Konditionen des Darlehens, vermutet Ipsen. Sie sehen einen Verzicht auf eine Rückzahlung vor, falls die Partei dazu nicht in der Lage sein sollte. Damit würde sich der Kredit, oder das, was davon übrig ist, in eine Spende verwandeln. Ein solcher Fall sei ihm noch nicht untergekommen, sagt Ipsen. Mit Blick auf das Transparenzgebot bei der Parteienfinanzierung, nach dem deutlich werden soll, welche Interessen hinter einer Partei stehen, hält er eine solche Umwandlung jedoch für problematisch.
„Auf diese Weise könnten alle Regeln über Rechenschaftsberichte umgangen werden“, warnt Ipsen. Die Parteien tendierten dazu, sich um ihre Rechenschaftspflichten herum zu mogeln. „Hier bestehen Zweifel, ob ein wirkliches Kreditgeschäft oder ein Scheingeschäft vorliegt, das in Wirklichkeit eine Spende ist“, sagt er.
Außerdem frage er sich, ob die AFD ihre erwarteten Einnahmen durch den Wählerstimmenanteil als Kreditsicherheit habe angeben können. „Das wäre die Verpfändung eines Anspruchs, der in der Höhe völlig unbestimmt ist“, sagt Ipsen.
Lucke argumentiert, ein Darlehen sei ein legales Instrument der Parteienfinanzierung. Die Frage einer Umwandlung des Kredits in eine Spende stelle sich nach frühestens fünf Jahren und erst dann müsste gegebenenfalls der Bundestagspräsident informiert werden.
Der Darlehensgeber Folkard Edler wolle die eurokritische Politik der AFD unterstützen, sagt Lucke. Dass er sich in Leserbriefen die Frage stellte, ob der Klimawandel tatsächlich vom Menschen verursacht und vielleicht gar nicht so schlimm sei, habe nichts mir der AFD zu tun. „Das Klima ist gar nicht unser Thema“, sagt Lucke.
Edler hat sein Geld damit verdient, dass er Charterschiffe finanziert hat. Der Jungen Freiheit hat er nicht nur einen Leserbrief geschrieben. 2006 unterschrieb er einen „Appell für die Pressefreiheit“ gegen die Ausladung der Jungen Freiheit von der Leipziger Buchmesse.
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