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Zwei Wochen vor der BürgerschaftswahlHamburgs Linke im Umfrage-Hoch

Laut Forschungsgruppe Wahlen käme die Linkspartei bei der Bürgerschaftswahl auf 9 Prozent. Vor wenigen Wochen kratzte sie noch an der 5-Prozent-Hürde.

Klima retten statt abschieben: junge Leute bei einer Demo in Hamburg anlässlich des Auftritts von AfD-Chef Tino Chrupalla Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburg taz | Es läuft gerade ganz gut für die Linkspartei. In Hamburg kommt sie laut einer neuen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen auf 9 Prozent. Noch Mitte Januar sah es so aus, als könnte sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Da lagen Die Linke und das konkurrierende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 5 beziehungsweise 4 Prozent fast gleichauf. Nunmehr gilt ein Rausfliegen der langjährigen Hamburger Oppositionspartei als äußerst unwahrscheinlich.

„Das Umfrageergebnis spiegelt die Besorgnis vieler wegen des Rechtsrucks wider“, sagt die Linke-Spitzenkandidatin Heike Sudmann. „Gleichzeitig ist es eine Anerkennung unserer Arbeit. Die Linke ist einfach notwendig.“ Die Fraktion ist seit 2008 kontinuierlich in der Hamburger Bürgerschaft vertreten.

Über ihre quirlige Oppositionsarbeit mit zahlreichen Anfragen und Anträgen berichten inzwischen auch bürgerliche Medien recht wohlwollend. Bestünde die Opposition nur aus CDU und AfD, wäre das Landesparlament um etliche Impulse ärmer.

Für die Umfrage hatte die Forschungsgruppe vom 10. bis 13. Februar 1.055 Wahlberechtigte befragt. Würde in Hamburg schon am kommenden Sonntag gewählt, käme die SPD zurzeit auf 32 Prozent, die Grünen auf 19 Prozent. Zusammen hätte Rot-Grün die absolute Mehrheit und könnte die vor zehn Jahren begonnene Koalition fortsetzen. Die CDU liegt mit 18 Prozent dicht hinter den Grünen. Die AfD käme auf 9 Prozent. Bei nur je 3 Prozent landen in der Umfrage die FDP, Volt und das BSW. Die sonstigen Parteien kämen zusammen auf 4 Prozent.

Steigende Umfragewerte auch im Bund

Die Linke hat in ihren Umfragewerten auch für die Bundestagswahl deutlich aufgeholt. Lag sie vor sechs Wochen noch bei 3,2 Prozent, sind es zuletzt 7 Prozent. Linke-Pressesprecher Ralf Dorschel spricht von einer beispiellosen Aufholjagd, die vor allem mit den Ereignissen im Bundestag zu tun habe, als Friedrich Merz das „Zustrombegrenzungsgesetz“ mit der AfD abstimmen ließ.

Die Rede, die Linke-Spitzenkandidatin Heidi Reichinneck an dem Tag im Bundestag hielt, habe seither über 20 Millionen Views auf Tiktok und Instagram erhalten. „Auf den Plakaten bei der Demo gegen rechts standen Sätze wie ‚Heidi sagt …‘“, erinnert der Sprecher.

Zudem verzeichne die Linke in Hamburg gerade einen beispiellosen Mitgliederzuwachs, vor allem von jungen Leuten unter 30. Dorschel: „Die wollen darüber reden, wie man das Klima rettet, und nicht, wie man Leute abschieben kann.“ Allein in den sechs Wochen vom 1. Januar 2025 bis zum 13. Februar habe sich die Zahl der Mitglieder von 2.103 auf 3.664 erhöht. „Wir haben 70 bis 100 Neueintritte jeden Tag“, sagt Dorschel. „Geht das so weiter, haben wir unsere Mitgliederzahl bis zur Wahl verdoppelt.“ Die Mitarbeitenden kämen mit der Aufnahme kaum hinterher.

Kein Mitleid mit der Konkurrenz

Besonders erfolgreich sei Anfang der Woche das „Techno-Tischtennis“ mit Reichinneck, Jan van Aken, Cansu Özdemir und Heike Sudmann gewesen, für welches die Partei die beiden Clubs „Beat Boutique“ und „Fundbureau“ gemietet hatte. Weil der Andrang zu diesem Wahlkampf-Event so groß war – über 2.500 Leute kamen –, habe man zusätzlich eine Bühne auf die Straße gestellt.

Noch im Europawahlkampf im Mai vorherigen Jahres sah die Lage etwas anders aus. Die Linke, die bei der letzten Hamburg-Wahl noch über 9 Prozent bekommen hatte, erhielt nur 5,1 Prozent der Stimmen. Das BSW kam ihr mit 4,9 Prozent gefährlich nahe. Zur Hamburger Konkurrenz durch das BSW sagt Dorschel: „Die haben sich um die Jahreswende so viel Mühe gegeben, sich öffentlich zu zerlegen, was soll man dazu noch sagen?“ Selber könne sich die Linke in Hamburg nun vorstellen, noch weiter zuzulegen und „zweistellig zu werden“.

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5 Kommentare

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  • Wie konnte die SPD ein so wichtiges Thema wie Wohnungsnot im Bund vollkommen versemmeln? Nicht mal eine Abstimmung zur Mietpreisbremse brachte sie im Bundestag zustande.



    Bilanz der Hamburger SPD beim Wohnen: auch katastrophal!

    Die Hamburger-Seniorenpartei SPD bekommt vor allem bei den Jungen die Quittung, sie wählen statt SPD die Linke. Denn wer ist schon cool bei der SPD? Vielleicht Kühnert, aber der ist raus.

  • taz: *Es läuft gerade ganz gut für die Linkspartei. In Hamburg kommt sie laut einer neuen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen auf 9 Prozent.*

    Dann kann man ja nur hoffen, dass das auch so bleibt, denn die SPD ist kaum noch sozial und die Grünen werden in ihrem "Grünsein" immer blasser. Eine starke Linkspartei, wie 'Die Linke', ist in Hamburg sehr wichtig, denn die Schwarzen wollen mit merz’sche Politik die freie Hansestadt übernehmen und hissen überall in Hamburg schon den Jolly Roger (CDU-Wahlplakate).

  • Yep. Offenbar hat nicht nur die CDU überzogen. Es wird irgendwie auch immer deutlicher, daß das gesamte Parteienspektrum schief geworden ist. Es gibt soviele drängende Fragen, die einfach liegen bleiben, wie z.B.:



    - bezahlbarer Wohnraum



    - Klimaschutz und Anpassung



    - sinnvolle Verkehrspolitik



    - mehr (politische) Bildung



    - die systematische Benachteiligung jüngerer Menschen



    - und und und..







    Da ist es ein echter Hoffnungsschimmer, daß die Linke wieder im Aufwind ist..und vor allem die Jüngeren sich nicht weiter mit den "Brotkrümeln abspeisen lassen". Weiter so..denn:

    -> Da ist noch ne Menge Musik drin..

    • @Wunderwelt:

      Das ist die absolut richtige Kommentierung. Danke dafür!!

  • hach, was freut mich das.



    bin auch wieder in die LINKE eingetreten, um den wahlkampf der LINKE für bürgerschaft, bezirke + für bundestag tatkräftig zu unterstützen.



    dabei erlebe ich - im gegensatz zu früher -, daß die flyer der LINKEn nicnt gleich weggeräumt + in den mül geschmissen werden, sondern liegenbleiben, um mitgenommen werden zum lesen.



    daß mir wie selbstverständlich erlaubt wird, in clubs + ähnlichen locations die flyer auszulegen.



    so viel wohlwollen war selten zu spüren. das macht mut. auch lebensmut, wenn frau alt + krank ist: es macht spaß, dann mit menschen zu diskutieren, die eine/n befragen, auch als ältere person, wie das z.B. damals mit lafontaine + der spd war ...



    dann tut es gut, aus dem reichen gedächtnisschatz infos rauszukramen...