Zwei Deutsche in der NBA: Moe und Franz suchen den Zauber
Die Gebrüder Wagner spielen bei Orlando Magic Basketball. Der jüngere ist einer der besten Newcomer der NBA, der ältere tut sich schwerer.
W enn Franz Wagner wüsste, was die Bild-Zeitung neulich über ihn geschrieben hat, würde er sich bestimmt amüsieren. „Wagner sorgt für deutsches Wunder in der NBA“, stand in der Überschrift – und darunter die Frage: „Wird er unser neuer NBA-Gigant?“ Franz Wagner spielt erst seit ein paar Monaten in der nordamerikanischen Basketballliga bei den Orlando Magic. Der 20-Jährige ist zwar Stammspieler, aber seine Mannschaft ist die schlechteste von allen dreißig Franchises. Von bis dato 34 Partien haben die Magic nur sieben gewonnen.
Zuletzt setzte es neun Niederlagen hintereinander, und wenn es im Schlussviertel doch einmal eng werden sollte, haben es die Profis aus Florida in acht von neun Fällen verbaselt. Was nach einer furchtbaren Bilanz klingt, ist für Franz Wagner gar nicht so schlimm, denn er kann in diesem Umfeld als Rookie, als Neuling, wachsen. Es geht für die Orlando Magic (noch) nicht um die Teilnahme an den Playoffs und schon gar nicht um den Titelkampf. Das Team stellt sich gerade neu auf, mit dem Deutschen, der sehr beachtliche 15,7 Punkte pro Partie erzielt.
Als die Boulevardzeitung ins Schwärmen geriet, hatte Franz Wagner im Spiel gegen die Milwaukee Bucks, den Meister, sogar 38 Punkte geworfen, aber wieder einmal verloren. Das sind Bereiche, in die regelmäßig Stars wie Kevin Durant oder Stephen Curry vorstoßen. Dass so etwas einem deutschen Basketballer, der in Berlin-Prenzlauer Berg groß geworden ist, gelingt, ist eine Seltenheit. Alle Welt denkt dann natürlich an Dirk Nowitzki, der mit den Dallas Mavericks Meister geworden ist und das Spiel der Texaner zwei Jahrzehnte lang prägte.
Und hat Nowitzki in seiner ersten Saison 1999 nicht nur 8,2 Punkte im Schnitt erzielt und sind dem Schlaks seinerzeit nicht nur 29 Punkte als Topwert gelungen? Ist das nicht der untrügliche Beweis, dass Franz Wagner vor einer großen Karriere steht? Das alles steht unter dem Vorbehalt des Konjunktivs. Franz Wagner wurde zwar im vergangenen Monat zum „Nachwuchsspieler des Monats“ in der Eastern Conference gewählt, und vielleicht gewinnt er am Ende der regulären Saison sogar den Titel „Best Rookie“, was auch Scottie Barnes oder Evan Mobley vorhaben, doch wie schnell große Träume an die Realität angepasst werden müssen, zeigt das Beispiel seines Bruders Moritz Wagner, der mit großen Ambitionen in die NBA kam.
Gewaltiger Gehaltsunterschied
Bei seinem ersten Team, den Los Angeles Lakers, schien vieles möglich für „Moe Bucket“, doch dann verletzte sich der 2,11 Meter große Flügelspieler, wurde von einer Station zur nächsten in der Liga geschickt und landete schließlich auch bei den Magic in Orlando.
Die Brüder sind vereint, sie spielen und wohnen zusammen, teilen viele Ansichten über Gott und die Welt. Was sie vermeintlich trennt: ihr Status im Team und ihr Verdienst. Der Jüngere der beiden steht in der Starting Five, bekommt mehr Minuten auf dem Parkett. Der Ältere ist nur Ergänzungsspieler, kommt auf 6,5 Punkte im Schnitt und muss sich mit einer Rolle begnügen, die ihm nicht schmecken dürfte – war er es doch, der auf dem College in Michigan die etwas bessere Punktausbeute zu verzeichnen hatte.
Der Jüngere verdient auch wesentlich mehr als der 24-jährige große Bruder. Während Franz vor der Saison einen Vierjahresvertrag über 22,78 Millionen Dollar unterzeichnet hat, werden Moritz in diesem Jahr nur 1,73 Millionen Dollar überwiesen – das Minimum für einen sogenannten Free Agent. Was nach diesem Einjahreskontrakt kommt, weiß Moritz Wagner noch nicht.
Dass die Brüder wie die Antetokounmpos, Currys, Morris’ oder Holiday Brothers weiterhin gemeinsam in einem NBA-Team spielen werden, ist recht unwahrscheinlich. Franz Wagner ist nicht unbedingt der bessere Basketballspieler als sein Bruder, sein Spielansatz passt derzeit nur besser in die NBA – auch seine mentale Aufgeräumtheit: Als 2,05 Meter großer Spieler kann er die Guard-Position besetzen, sein Spiel flexibler gestalten, während Moritz Wagner, der näher am Korb steht, weniger „frei“ in seinen Aktionen ist. „Planungssicherheit gibt es nun mal nicht. Es ist ein verdammt harter Job“, hat Moritz Wagner in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung gesagt. Sie sollten die gemeinsame Zeit genießen, sie könnte schnell vorbei sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen