Zwangsversteigerung von Nazi-Anwesen: Ex-Wehrsportler verliert Rittergut
Die Liegenschaft des Neonazis Karl-Heinz Hoffmann im sächsischen Kohren-Sahlis geht an einen dubiosen Bieter aus dem Westen.
Die Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig. Gegen den Beschluss kann in den kommenden zwei Wochen noch Beschwerde eingelegt werden. Hoffmann, der selbst im Gericht anwesend war, ließ offen, ob er Rechtsmittel einlegen wird. Der frühere Anführer der Wehrsportgruppe Hoffmann hatte am Montag zum zweiten Mal die Einstellung des Verfahrens beantragt.
Hoffmann gehört seit den 60er Jahren zu den bekanntesten Köpfen der Neonazi-Szene. Seine berüchtigte Wehrsportgruppe war 1980 nach sieben Jahren Aktivität verboten worden. Wegen Geldfälschung, Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und wegen Vergehen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz wurde er 1984 vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu neuneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Rittergut hatte Hoffmann im Jahr 2004 erworben. Für Schlagzeilen sorgte, dass er ungeachtet seiner Vergangenheit zwischen 2005 und 2010 für das Rittergut 130.000 Euro Fördermittel vom Freistaat Sachsen kassierte. Das Gelände soll weiterhin der Ausbildung von jungen Neonazis gedient haben.
Dass ist allerdings nicht der Grund dafür, dass der mittlerweile 78-Jährige nun sein Gut los ist. Hoffmanns Problem sind vielmehr seine hohen Schulden beim Abwasserzweckverband Wyhratal. An den hätte er 130.000 Euro für den Anschluss an die Kanalisation zahlen müssen. Da Hoffmann die Rechnung jedoch nicht begleichen konnte, setzte der Abwasserzweckverband die Zwangsversteigerung durch.
Nach Insiderinformationen handelt es sich bei dem Bieter um den 20-jährigen Jungunternehmer Milenco F.-J. aus Oberhausen. Der war aber 2014 mit seinem Hausmeisterdienst wirtschaftlich gescheitert und wurde aus dem Handelsregister gelöscht. Vermutet wird deshalb, dass er nur Scheinbieter ist und möglicherweise im Auftrag Hoffmanns handelt. Andere Spekulationen gehen von Kreisen organisierter Kriminalität hinter dem mutmaßlichen Scheinbieter aus.
Das Rittergut gilt als stark sanierungsbedürftig. Vermutlich müssen mehrere Millionen Euro in die Instandsetzung gesteckt werden. Bei der Versteigerung ließ sich der erfolgreiche Höchstbieter durch eine junge Bevollmächtigte vertreten. Offenbar genervt von fragenden Journalisten, erklärte sie, auf dem Gut solle „ein Konzentrationslager“ errichtet werden.
Bürgermeister Siegmund Mohaupt (CDU) wünscht sich indes nichts sehnlicher, als dass der Gebäudekomplex endlich in die Hände ehrlicher Investoren kommt und der braune Schatten von der Gemeinde genommen wird.
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