Zwangsräumung in Hamburg: Ende mit Schrecken

Nach jahrelangem Streit lässt die Wohnungsgenossenschaft VHW einen alleinerziehenden Vater zwangsräumen.

Eine Backsteinfassade mit Fenster, darüber das Logo VhW

Dieses Gebäude wurde bereits von der VhW abgerissen – gegen den Protest der Mie­te­r:in­nen Foto: Lars Berg/Imago

Zum Schluss ging alles sehr schnell. Kurz nach 11 Uhr fuhren am Donnerstag zwei Polizeiwagen vor dem Chapeaurougeweg im Hamburger Stadtteil Hamm vor. Fast zeitgleich trafen der Anwalt der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft (VHW) und zwei GerichtsvollzieherInnen ein. Sie waren gekommen, um die Wohnung von Michael Klausner* zu räumen.

Ein Möbeltransportunternehmen, das ebenfalls vor Ort war, konnte allerdings schnell wieder wegfahren. Klausner hatte ein Großteil seines Mobiliars bereits weggebracht. Mit der Räumung endet eine langjährige Auseinandersetzung zwischen der Wohnungsbaugenossenschaft und ihrem Mieter. Die VHW habe, so Klausner, alle Vorschläge, den Konflikt per Mediation zu lösen, abgelehnt.

Auslöser war im Sommer 2017 ein Streit um ein entferntes Namensschild an seinem Briefkasten. Klausner beschwerte sich bei der VHW und kritisierte auch einen aus seiner Sicht nicht besonders freundlichen Umgang der Genossenschaft mit ihren MieterInnen. Bei einer Mail blieb es nicht; der Ton wurde rauer. Der 61-Jährige bekam eine Abmahnung. Der Mieter entschuldigte sich für den harschen Ton. Doch die Auseinandersetzung ging weiter, zunächst per Mail und Briefen. Bald beschäftigte er auch die Gerichte. Klausner wurde wegen genossenschaftsschädigenden Verhaltens aus der VHW ausgeschlossen.

Dann kam die Kündigung, die das Hamburger Amtsgericht St. Georg im November 2018 bestätigte. Bereits im März 2019 sollte Klausner seine Wohnung räumen. Ein Bündnis von MieterInnen-Ini­tiativen und stadtpolitischen Gruppen solidarisierte sich damals unter dem Motto „Michael und seine Tochter bleiben – Zwangsräumung am Chapeaurougeweg verhindern“ mit Klausner. Der Termin wurde damals bis zum Oktober 2021 ausgesetzt.

Anne Katharina Groß, die bei der VHW für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, verteidigte gegenüber der taz die Räumung. „Das Verhältnis zu dem ehemaligen Mitglied ist leider bereits seit mehreren Jahren irreparabel zerrüttet. Es hatte über Jahre MitarbeiterInnen, Aufsichtsrat, Geschäftspartner und Vorstand der VHW beleidigt, diffamiert, verleumdet und bedroht.“

„Dass ich meine Wohnung verloren habe, ist eine eklatante Ungerechtigkeit“, sagte Klausner nach der Räumung. „Trotzdem sehe ich die jahrelange Auseinandersetzung nicht als Niederlage.“ Er wolle damit nicht nur auf seinen Fall, sondern auf den Skandal aufmerksam machen, dass Menschen sogar vor Wintereinbruch aus ihren Wohnungen geräumt würden. Die nächsten Tagen muss er in einem Hotel übernachten. Im Laufe der nächsten Woche soll eine Unterkunft bezugsfertig sein, die ihm und seiner Tochter von der bezirklichen Fachstelle für Wohnungsnotfälle zur Verfügung gestellt wird.

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