piwik no script img

Zuwachs von Erneuerbaren in der EUEnergiewende – leider kein Selbstläufer

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Die Energiewende kommt in der EU voran – gut so. Doch damit es so weitergeht, muss gerade in Deutschland viel investiert werden.

Windräder und eine Solaranlage in Unterfranken Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

D as sind gute Nachrichten: 2024 ist in der EU erstmals mehr Strom mit Solarenergie erzeugt worden als mit Kohle; Windanlagen produzierten mehr Strom als Gas. Mit 47 Prozent kommt fast die Hälfte des unionsweit erzeugten Stroms aus Erneuerbaren. Die Energiewende weg von den fossilen Klimakillern kommt voran – unaufhaltsam, so scheint es. Aber Vor­sicht: ­Das ist alles andere als ein Selbstläufer. Nach der kommenden Bundestagswahl könnte die gute Entwicklung zumindest in Deutschland erheblich ins Stocken geraten.

Auch wenn sich die CDU in ihrem Wahlprogramm durchaus zur Windkraft bekennt: Dass Friedrich Merz sie für eine Übergangstechnologie hält und bestehende Windräder zur Disposition stellt, ist beunruhigend. Wind­kraft­geg­ne­r:in­nen wie er bekommen Rückenwind durch die Entwicklung in den USA, wo US-Präsident Donald Trump gerade wichtige Windkraftprojekte gestoppt hat. Die Gefahr ist groß, dass dessen Haltung nach Europa schwappt. Die ersten Anzeichen: FDP-Chef Christian Lindner fordert, die Förderung für erneuerbare Energien komplett aufzugeben. Der Markt würde es schon richten, glaubt er.

Das wäre das Schlechteste, was die kommende Bundesregierung energiepolitisch machen könnte. Sie würde die Energiewende abwürgen. Genau das Gegenteil ist nötig. Erneuerbare Energien sind langfristig die billigste Form der Stromerzeugung. Weil aber Vorgängerregierungen den Ausbau der Infrastruktur über viele Jahre verschleppt haben, müssen jetzt hohe Investitionen gestemmt werden, etwa in den Stromnetzausbau. Der kostet viel Geld und treibt die Strompreise in die Höhe. Gebühren für das Netz machen schon heute rund ein Viertel der Stromkosten aus, Tendenz steigend.

Den Netzausbau dem Markt zu überlassen ist falsch. Die IG Metall und andere fordern zu recht, dass der Staat Stromnetze übernimmt und den Ausbau selbst betreibt. Das wäre billiger, weil keiner Profit machen muss. Und der Staat hätte es in der Hand, die Strompreise zu dämpfen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • "Erneuerbare Energien sind langfristig die billigste Form der Stromerzeugung."

    Dieser Satz erklärt mit, warum Unternehmen an anderen Standorten investieren.

    In Äquatornähe liefert ein Solarmodul fast 4 mal so viel Strom. Dazu auch in unserem Winterhalbjahr. Das erlaubt eine planbare Produktion. Dort können recht kleine Batterien die tägliche Produktionszeit verlängern, da sie jeden Tag nachgeladen werden können. Saudi Arabien, Texas, ... planen, bauen gerade Kraftwerke aus Solarmodulen und Batterien. In Deutschland würden für das gleiche Ergebnis auf den ersten Blick 12 Module benötigt. Die Speicher müßten aber viel größer sein, da sie im Winterhalbjahr wochenlang nicht nachgeladen werden können. Für zusätzlichen Ladestrom würden noch mehr Solarmodule benötigt.

    Wasserkraft wie in Skandinavien ist in Deutschland nicht weiter ausbaubar.

    Da selbst Überkapazitäten an Solaranlagen bei uns im Winter nichts abwerfen, kommen noch Windkraftanlagen dazu. Und weil es nicht reicht, noch Gaskraftwerke + Erdgas oder H2. Und doch noch Batterien. Und viele Kabel. Und diese Anlagen müssen alle 20 Jahre erneuert werden.

    Deshalb wird Deutschland langfristig die teuerste Stromerzeugung haben.

  • Ich halte es für einen Fehler, die halbwegs einmaligen Kosten für den Netzausbau auf den Strompreis umzulegen. Der Netzausbau wird von allen Stromnutzern, also allen Einwohnern benötigt, unabhängig von der Strommenge, den sie verbrauchen.

    Steuern haben den Vorteil, dass sie einigermaßen sozial erhoben werden. Die Gestehungskosten bei EE Strom sind niedriger als bei jeder anderen Energieform. Durch die seltsame Umlage der Netzausbaukosten, verbunden mit den vergangenen enormen Subventionen bei Atomstrom (u.a. übernimmt der Staat auf alle Zeit die Entlager Kosten und das Unfallrisiko) und den teilweise immer noch bestehenden hohen Subventionen für fossile Energieträger kommt es vielen Bürgern so vor, als ob ausgerechnet EE Strom teurer ist als andere Energieträger.

    • @Karl Schmidt:

      Richtig! Kosten müssen auf die Anschlüsse oder Steuerzahler umgelegt werden.

      Wenn z.B. viele Bürger in Norddeutschland Solaranlagen oder Balkonkraftwerke betreiben, muß das lokale und überregionale Netze erweitert werden. Da solche Kosten auf die verbrauchte KWh umgelegt werden, zahlen die Kostenverursacher weniger, da sie ihren eigenen Verbrauch mindern.

      Für hochmoderne Windräder werden Jahrespachten von über 100.000 Euro gezahlt. Mieter ohne Kapital können sich nur an den Zahlungen beteiligen. Windräder verteilen im jetzigen System Geld von unten nach oben.

      Sofern Subventionen in gebaute und abgeschriebene AKW geflossen sind, wurden diese schon ausgezahlt. Es gibt keine mehr. Die Abrißkosten werden vorgezogen, nicht gespart. Da schon Atommüll existiert, können die Kosten für ein Endlager auch nicht mehr vermieden werden. Evtl muß der Stollen größer ausgelegt werden. Die Mehrkosten sind gering.

      Erneuerbaren Energien benötigen wetterbedingt subventionierte Überkapazitäten sowie Backup-Kraftwerke. Neue Gaskraftwerke sollen und werden so selten laufen, daß ihr Bau ohne Subventionen nicht möglich ist.

      Bei EE-Strom sind hier Überkazitäten, Backup-Kraftwerke und Netzkosten teuerer.

  • Was mich bei der Förderung wundert: in meiner Gegend steht jetzt auch so ein Rad. Der Betreiber rechnet angesichs des in unserer Gegend wenig vorhandenen Windes nur mit 45,3% Stromertrag eines "Referenzwindrades". Und er freut sich darüber. Denn es gibt eine wesentlich höhere Förderung für das Rad. Weil es dauerhaft weniger als die Hälfte des Stroms erzeugen wird, deshalb bekommt das Rad die nächsten 20 Jahre 11,3 Cent Förderung pro kWh, statt 7 Cent, wie es ein Rad dort bekommt, wo der Wind weht.

    Womit die unendliche Weisheit unserer staatlichen Planer und Förderer glänzend bewiesen wäre.

    Nachdem angesichts der Dunkelflauten gerade überdeutlich geworden ist, dass Stromspeicher in großer Menge und hoher Kapazität gebraucht werden, wenn man denn auf fossile und nukleare Energie verzichten können will, wieso haut man dann Gelder für solcher ineffizienten (bestenfalls 45,3% Ertrag !) WKA die nächsten 20 Jahre raus?

    Cui bono?

  • „Das wäre billiger, weil keiner Profit machen muss“…???



    Der Staat als Unternehmer hat keine gute Geschichte, und einer der wesentlichen Gründe sind die höheren Kosten wegen geringerer Effizienz.