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Zuschuss für HaushaltshilfenEine Frage der Prioritäten

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Arbeitsminister Hubertus Heil will legale Haushaltshilfen bezuschussen. Eine gute Idee – so lange nicht nur die Mittelschicht profitiert.

Zwei Drittel der vollzeitbeschäftigten Reinigungskräfte arbeiten im Niedriglohnsektor Foto: Steinach/imago

H eute schon geputzt, gekocht, gekümmert? Und geseufzt: Kann das nicht mal jemand anders übernehmen? Ja, das wird möglich sein. Arbeitsminister Hubertus Heil will Familien und Menschen, die Angehörige pflegen, mit einem Gutschein für legale Haushaltshilfen unter die Arme greifen. Und gleichzeitig auch die Schwarzarbeit in diesem Bereich bekämpfen. Die Idee ist gut und zielführender als die bloße Möglichkeit, Haushaltshilfen von der Steuer abzusetzen.

Davon profitieren nämlich vor allem jene, die viele Steuern zahlen und sich auch noch Koch und Gärtnerin leisten können. Doch die meisten Haushaltshilfen tauchen auf keiner Steuererklärung auf. Laut einer OECD-Studie sind schätzungsweise 75 Prozent der Arbeitskräfte, die in diesem Bereich arbeiten, nicht angemeldet.

Wenn mittels eines Gutscheinsystems nun der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in anderen Haushalten Kinder hüten oder Fuböden schrubben, steigt, wäre das sinnvoll. Zumal der Staat in diesem Fall auch von den zusätzlich gezahlten Abgaben profitieren würde.

Es bleibt aber offen, ob tatsächlich alle entlastet werden, die es verdient haben. Wird sich auch die Putzkraft, die tagsüber für andere sauber macht, jemanden leisten können, der ihr Arbeit im Haushalt abnimmt? Wohl kaum. Auch eine Hilfe, für die nur 60 Prozent gezahlt werden können, muss man sich leisten können. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, arbeiten zwei Drittel der vollzeitbeschäftigten Reinigungskräfte im Niedriglohnsektor und verdienen entlang oder unterhalb der Armutsgrenze.

Diese Menschen besser zu stellen, muss ebenfalls Priorität haben. Durch armutsfeste Mindestlöhne oder zusätzliche staatliche Hilfen wie den geplanten Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger:innen. Der soll übrigens 130 Millionen Euro kosten, der Haushaltshilfenzuschuss rund 400 Millionen. Hier kann die SPD noch an der Prioritätensetzung arbeiten – sonst entpuppt sich der Gutschein für Haushaltshilfen als reine Mittelschichtsprämie.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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5 Kommentare

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  • RS
    Ria Sauter

    Immer, wenn Frau denkt, es kann nicht noch schlimmer kommen...!

    Wer sich eine Putzkraft leistet, hat auch das nötige Geld im Geldbeutel.



    Allerdings sind alle, die ich in diesem Bereich kenne, nicht bereit diese Mithilfe anzumelden.



    In einem Fall möchte das die Putzkraft auch nicht, da sie das Geld neben dem staatlichen Unterhalt verdient.



    400 Millionen einfach sinnlos verplempern. Muss man sich leisten können. Ist ja nur Steuergeld!!

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Die Idee ist Unsinn. Da rollt Heil nur einer kleinen Schicht von schon ziemlich Wohlhabenden einen roten Teppich aus und vergibt dafür einen hübschen Rabatt für's Portemonnaie und Seelenheil - das ist die klassische, deutsche Umverteilung von unten nach oben unter dem Tarnmantel einer Reform.

    Wenn Jobs mit fairer Bezahlung zu teuer sind, dann sind das eben keine Jobs. Und wer's dann mit unfairer Bezahlung dennoch umsetzt, soll Strafe und Ächtung riskieren.

    Rein theoretisch gäbe es eine Möglichkeit: Rente und Krankenversicherung komplett aus Steuermitteln finanzieren und auf großzügig existenzsicherndes Niveau anheben bzw. garantieren. Bezahlt würde das aus höheren Einkommen-, Vermögen- und Unternehmenssteuern.

    Das Problem dabei ist, dass es keine Möglichkeiten mehr gäbe, die Sozialversicherungen zu prellen - das darf man der Wirtschaftselite natürlich keinesfalls antun. Da verscheuchte man die scheuen Kapitalrehe...

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Noch höhere Einkommensteuer? Ich glaube, Sie wissen nicht, wovon Sie reden. Damit wird der Besitzwohlstand genährt und der Arbeits- und Leistungswohlstand weiter verhindert. Durch Arbeit wird jetzt schon kaum jemand reich …

    • @05989 (Profil gelöscht):

      Die Familie, die 1x/Woche eine Reinigungskraft bezahlt, um Entlastung im eng getakteten Alltag mit Kindern zu haben, gehört also zur Wirtschaftselite?

    • @05989 (Profil gelöscht):

      So sieht's aus. Ein unmöglicher Vorschlag von Heil.