Zuschüsse für künstliche Befruchtung: Politiker wollen Gesetz ändern
Die Opposition im Bundestag will nichteheliche Paare gleichstellen. Die SPD verweist auf andere Zuschüsse. Die Union findet’s gut, wie es ist.
BERLIN taz | Der Gesundheitsexperte der grünen Bundestagsfraktion, Harald Terpe, kündigte am Dienstag als Erster im Parlament Konsequenzen aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts an: „Das Urteil zeigt, dass jetzt der Gesetzgeber gefordert ist“, sagte Terpe. Die Grünen würden „in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, der nichteheliche Paare und Lebenspartnerschaften bei der künstlichen Befruchtung mit Ehepaaren gleichstellt“.
Konkret fordern die Grünen, dass künftig für alle Paare, die in einer dauerhaften Gemeinschaft zusammenleben, die künstliche Befruchtung immer dann bezahlt wird, wenn die reine Insemination – also das Einbringen von Samen in die Gebärmutter mit ärztlicher Hilfe – nicht hilft. Die Verwendung von fremdgenetischem Material wollen die Grünen grundsätzlich nicht bezahlen. Wer auf eine Samenspende angewiesen ist, müsste sich diese selbst kaufen.
Bezahlen wollen die Grünen dagegen die medizinische Behandlung, bei der dann der Eigen- oder Fremdsamen zum Einsatz kommt – für alle Paare, unabhängig von etwaiger Gleichgeschlechtlichkeit oder zivilrechtlichem Status.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Weinberg, signalisierte Unterstützung: „Es gibt keinen Grund für die geltende Rechtslage, wonach nur eine verheiratete Frau Anspruch auf die teilweise Finanzierung der künstlichen Befruchtung durch ihre Krankenkasse hat.“
Modern und gefestigt
So eindeutig wie die Opposition mochte sich die SPD-Regierungsfraktion nicht für eine gesetzliche Neuregelung aussprechen. Hilde Mattheis, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, betonte gegenüber der taz, ihre Partei stehe „für eine moderne Familienpolitik“. Deswegen sollten, so Mattheis, „wie beispielweise in Sachsen-Anhalt praktiziert, auch unverheiratete Paare Zuschüsse zur künstlichen Befruchtung erhalten“.
Mattheis referierte damit freilich bloß die bereits geltende Rechtslage: Das Bundesfamilienministerium unter Manuela Schwesig (SPD) unterstützt kinderlose Paare, die sich für eine künstliche Befruchtung entscheiden – quasi als Zusatzleistung zu den Erstattungen durch die Krankenkassen.
Eine entsprechende Richtlinie über Finanzhilfen wurde bereits 2012 unter Schwesigs Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) verabschiedet; die Bezuschussung erfolgt über die Bundesländer und jeweils danach, was diese für opportun halten: Manche Länder verzichten auf das Kriterium der Ehe, andere tun dies nicht. Um die Erstattungspraxis der Kassen zu ändern, müsste der Gesetzgeber das Sozialgesetzbuch ändern – was in der Großen Koalition umstritten ist.
Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn etwa verteidigte ein tradiertes Familienbild: „Ich glaube, wir sollten bei der bisherigen Regelung bleiben“, sagte er. Eine künstliche Befruchtung sei ein starker Eingriff. Spahn: „Da ist es wichtig, dass ein Kind in eine gefestigte Elternbeziehung geboren wird. Das kann sicher auch für unverheiratete Paare gelten, ist dann halt nur schwer nachzuvollziehen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!