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Zur Sonne, zur Freiheit

■ Der Songwriter Pat MacDonald über Antikonsumhaltungen, Werbung, Barcelona und den geistesverwandten Chris Whitley

Dass die Zukunft zuweilen so hell erstrahlt, dass nur eine Sonnenbrille hilft, wusste Pat MacDonald schon 1986. Damals landete er mit Frau Barbara als Timbuk 3 mit „The Future's So Bright, I Gotta Wear Shades“ seinen ersten und einzigen US-Top-40-Hit. Ein Ghettoblaster, eine Gitarre, eine Geige: Die MacDonalds führten Electro-Ästhetik und Roots-Gesinnung schon zusammen, als ein Beck noch buchstäblich in den Kinderschuhen steckte und sonst nur Rapper mit Boom-Boxen protzten.

Dreizehn Jahre später avancierte die sarkastische Anti-Yuppie-Hymne noch einmal zur „ganz heiß umworbenen Nummer“ (MacDonald). Gleich drei Werbeofferten über je eine halbe Million Dollar flatterten ihm ins Haus. MacDonald sagte dreimal „njet“. Wa-rum? Eine „gewisse Antikonsum-Haltung“ habe eine Rolle gespielt, doch entscheidender sei, dass „die Musik in der Werbung nur eine untergeordnete Rolle einnehmen kann.“ Was nicht zu vereinbaren war mit der früh inhalierten Maxime, dass Musik „viel wichtiger war als alles, was da draußen verscherbelt wurde.“ Sex & Drugs & Rock'n'Roll? Für MacDonald „war die Musik immer wichtiger als beides zusammen. Sie war ein Vehikel für einen Triumph. Den Triumph der – ach, Scheiße: Frei-heit!“ Ihm falle gerade kein besseres Wort ein.

Die alten Ideale waren MacDonald wohl eine Stütze, als er gezwungen war, sein Leben neu zu ordnen – nach dem Split von Timbuk 3, der Trennung von Gattin Barbara und Sohn Devin sowie dem Verlust seines geliebten Bruders bei einem Autounfall. Er zog von Austin, Texas, nach Barcelona. Was seine alte US-Plattenfirma prompt auf die Idee brachte, „so eine spanische Platte mit mir zu machen. Wie ein David Byrne oder Paul Simon, der seinen Sound einem fremden Ort entsprechend verändert.“ Doch der Einfluss der neuen Residenz sei „viel subtiler, eine kleine Koloratur. Denn ich tue, was ich tue – egal, wo ich bin.“

Das hört man auf seinem zweiten Solo-Album Begging Her Graces, sein erstes von einem europäischen Label finanziertes. Konsequent lässt MacDonald seinen traditionell verhafteten Erzählgestus in einem breiten, doch auf den Punkt konzentrierten Soundspektrum aufgehen, sicher geleitet von Drummer und Produzent John Parish (PJ Harvey). Die kleine Zynikerin aus dem Club um die Ecke („Severine“) hat MacDonald dabei ebenso im Visier wie die „Tyranny Of Beauty“ und den eigenen Blues, der ertränkt werden will („Whisky Bottle“). Unglücklich Liebenden empfiehlt er: „Love the idea of me – and fuck the reality.“

Die Realität sieht in seinem Fall so aus, dass Pat MacDonald erneut mit Chris Whitley auf Tour ist, der seine Live-Qualitäten gerade auf At Martyrs dokumentieren ließ. „Viele Gemeinsamkeiten“ haben die befreundeten Musiker zwischen sich ausgemacht. „The Model“ (Kraftwerk) zu covern, wie Whitley es tut, ist tatsächlich eine Idee, die MacDonald schon vor 15 Jahren gehabt haben könnte – als die Zukunft noch leuchtete.

Jörg Feyer

Do, 24. Februar, 21 Uhr, Logo

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