Zum Tode von Christopher Hitchens: Er wusste es einfach besser
Christopher Hitchens war polemisch und arrogant. Dazu hatte der US-Brite gute Gründe: Verband er doch intellektuelle Brillanz mit großem Unterhaltungstalent.
Seine Feinde fürchteten sie, seine Freunde knieten vor ihnen nieder: seine Sätze. Denn sie trafen. Nicht immer ins Schwarze, aber immer einen Nerv. Christopher Hitchens gehörte zu den bekanntesten und umstrittensten Kolumnisten und Kommentatoren in den USA, seit er 1981 dorthin immigrierte.
Kein Wunder, dass er deshalb auch einer der begehrtesten Talkshowgäste von der "Daily Show" des demokratischen Jon Stewart bis zu "Hannity & Colmes" beim konservativen Sender Fox News war. Dort lieferte er sich in Erinnerung gebliebene Gefechte mit Leuten wie Noam Chomsky, Charlton Heston, Norman Finkelstein oder George Galloway.
Sie sind deswegen in Erinnerung geblieben, weil Hitchens in bester angelsächsischer Tradition intellektuelle Brillanz mit großer Unterhaltung verbinden konnte.
Um dieses Talent zu erkennen, braucht man nur einen seiner Texte, eines seiner Bücher oder einfach nur seine Memoiren "The Hitch" (Blessing Verlag 2011) zu lesen. Bereits vergangenes Jahr hatte er sie in den USA veröffentlicht, allerdings ohne zu wissen, dass er Speiseröhrenkrebs im unheilbaren Endstadium hatte.
Mutter Theresa, "Ghul von Kalkutta"
Der 1949 im britischen Portsmouth geborene Autor, Journalist und Literaturkritiker schrieb zuletzt vor allem für Vanity Fair, The Antlantic, Slate.com und bis zum Beginn des Irakkriegs jahrzehntelang für das linke Traditionsblatt The Nation. Als Trotzkist eroberte er die Herzen der Linken mit Angriffen auf Mutter Theresa, die er als "Ghul von Kalkutta" bezeichnete, auf Henry Kissinger, den er einen Kriegsverbrecher, und Bill Clinton, den er einen Vergewaltiger nannte.
Im selben Maße, wie Hitchens wegen solcher Urteile gefeiert wurde, wurde er nach 9/11 gehasst, als er von einem "Faschismus mit islamischen Antlitz" sprach und den Krieg gegen Saddam Hussein verteidigte. Dessen Regime, so Hitchens, habe nie beweisen können, dass es "keine genozidale, paranoide und größenwahnsinnige Version der Sopranos" gewesen sei.
Dass die militärische Intervention richtig war, verteidigte er bis zuletzt, mit der Einschränkung, dass er die "strafwürdige Inkompetenz" der Bush-Regierung nicht vorausgesehen hatte, die weder den Schutz der Zivilbevölkerung noch den der Kulturschätze des Iraks gewährleisteten konnte.
Zu Hitchens engsten Freunden gehörten neben dem britischen Autor Martin Amis und der US-amerikanischen Essayistin Susan Sontag auch der indische Autor Salman Rushdie. Schon die verhaltenen Reaktionen der Linken auf die Fatwa des iranischen Ajatollahs gegen den Autor der "Satanischen Verse" ließen Hitchens auf Distanz zur Linken gehen. Anders als diese schätzte Hitchens den politischen Islam bereits damals als weniger revolutionär, sondern als eher lebensfeindlich ein.
Absolute Gewissheiten als größte Feinde
Sicher, Hitchens konnte ein arroganter, besserwisserischer Kotzbrocken sein. Doch in der Regel wusste er es einfach besser als seine Gegner. Zu diesen zählten zuletzt vor allem die Religion und der Tee in den USA. Das Beste, was man mit Letzterem tun könne, sei, ihn wegzuschmeißen, ein "anständiger Tee" müsse nach Art von George Orwell zubereitet werden.
Dass Hitchens so brillieren konnte, hat auch etwas damit zu tun, dass er nicht nur ein fanatischer Leser war, der es in Geschichte und Literatur mit jedem aufnehmen konnte, sondern auch ein akribischer Rechercheur, der die politischen Konflikte mit eigenen Augen betrachtete: Er war in den 60ern auf Kuba, in den 70ern in Argentinien, in den 80ern in Nicaragua und im Irak, 1992 in Sarajevo, und 2008 unterzog er sich dem Waterboarding, um festzustellen, dass es sich dabei in der Tat um Folter handelt.
Hitchens größte Feinde waren absolute Gewissheiten, Totalitaristen und Kulturrelativisten. Seine Krankheit beschrieb er als "etwas derart Vorhersehbares und Banales, dass es sogar mich langweilt". Er starb Donnerstagnacht im Alter von 62 Jahren.
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