Zulieferfirmen im Corona-Teillockdown: Die Vergessenen?
Hotels, Bars und Restaurants müssen schließen, sie bekommen finanzielle Hilfe. Aber auch Taxiunternehmen, Wäschereien und Putzfirmen leiden.
Bei der Bundespressekonferenz am vergangenen Donnerstag stellten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zwar Wirtschaftshilfen vor, die betroffene Unternehmen schnell und unbürokratisch entlasten sollen.
Doch damit sind vor allem Hotels, Bars, Gaststätten und Veranstaltungsorte gemeint – all jene Betriebe also, die zur Umsetzung der neuen Coronamaßnahmen schließen müssen. Sie sollen 75 Prozent des Umsatzes vom November 2019 als Entschädigung bekommen, um damit die laufenden Fixkosten weiterhin abdecken zu können.
Indirekt betroffen von den Schließungen sind auch die Unternehmen, die zuliefern. Denn auch sie müssen den Betrieb teilweise komplett einstellen. Ob und wie sie finanziell unterstützt werden, steht noch nicht fest, darüber wird aktuell noch beraten.
„Alles fällt weg“
Wer mit Vertreter:innen aus den Zulieferbranchen spricht, der merkt, wie sehr sie die wirtschaftlichen Auswirkungen des Teillockdowns fürchten. Michael Oppermann, Geschäftsführer des Bundesverbands Taxi und Mietwagen, sagt: „Taxiunternehmen werden zwar nicht geschlossen, aber die Kund:innen werden uns weggenommen.“ Er hofft, dass Unternehmen aus der Branche die finanzielle Unterstützung ebenso beanspruchen können wie etwa Hotels.
Wenn Gastronomie, Hotels und Clubs schließen, habe das schwerwiegende Auswirkungen auf Taxifahrer:innen. „Da kommt alles zusammen. Flughafentransporte, die Fahrt zu Messen oder Hotels – alles fällt weg.“ Betroffen seien besonders Taxiunternehmen in Großstädten, da Veranstaltungen dort das Hauptgeschäft seien.
Dazu kommt für Taxifahrer:innen noch die sogenannte Betriebspflicht: „Eine Taxilizenz verpflichtet zum Betrieb. Aber das macht gar keinen Sinn, wenn ein Taxifahrer dann acht Stunden am Tag am Bahnhof steht, ohne eine einzige Person zu transportieren. Da ist der Umsatz auch gleich null“, kritisiert Oppermann. „Es würde wirtschaftlich mehr Sinn machen, wenn Taxifahrer:innen schließen müssen und stattdessen die 75 Prozent vom Umsatz aus dem November letzten Jahres kriegen.“
Auch Marco Dörschel, Geschäftsführer einer Berliner Wäscherei, ist besorgt. Normalerweise beliefert sein Betrieb Hotels mit frischer Wäsche. Seine Angestellten hat Dörschel in Kurzarbeit geschickt. „Es gibt kaum Geschäftsreisen und keine Tourist:innen“, sagt er. Anstatt der üblichen 700 Tonnen Wäsche im Monat habe es im April gerade mal 15 Tonnen gegeben. Für den kommenden Monat sei Ähnliches zu erwarten. Dörschel hofft, dass die staatliche Unterstützung auch für seine Branche greift. Denn: „Das Jahr ist gelaufen. Wir erwarten nichts mehr.“
Auch Geschäftsführer Youssef Mortada von der Reinigungsfirma Clean Agency in München hofft auf die Unterstützung. Er sagt: „Normalerweise reinigen wir 500 Hotelzimmer. Momentan sind es hingegen gerade mal 10.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden