Zulassung des Pestizids Glyphosat: Ämter wegen Betrugs angezeigt
Umweltschützer werfen zwei Behörden Betrug vor, weil diese die Gefahren des Unkrautvernichters nicht „objektiv“ bewertet hätten.
Mehrere Umweltorganisationen haben zwei Behörden angezeigt, die an der Zulassung des Pestizids Glyphosat beteiligt waren. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) seien der Körperverletzung, des Betrugs und des Verstoßes gegen das Urheberrechtsgesetz verdächtig, heißt es in der Anzeige, die der österreichische Verband Global 2000 am Montag veröffentlicht hat.
Glyphosat ist der meistverkaufte Pestizidwirkstoff. Im März 2015 stufte ihn die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Die Wissenschaftler beriefen sich insbesondere auf beunruhigende Ergebnisse von Tierversuchen. Rückstände der Chemikalie finden sich immer wieder in Lebensmitteln.
Zudem zerstört Glyphosat so gut wie alle nicht gentechnisch veränderten Pflanzen auf dem Feld und damit laut Umweltbundesamt auch Nahrung beispielsweise für Vögel. Dennoch befanden das BfR und die Efsa, der Wirkstoff sei bei korrekter Anwendung sicher. Auf dieser Grundlage haben die EU-Staaten am 27. November zugestimmt, ihn für weitere 5 Jahre zuzulassen.
Die Behörden hätten jedoch entgegen der EU-Pestizidverordnung 1107/2009 „keine unabhängige, objektive und transparente Bewertung der gesundheitlichen Risiken“ vorgenommen, so die Umweltschützer. Es seien „Gesundheitsschäden“ zu befürchten. Das BfR habe mehrere Studien zu den Gefahren „gar nicht selbst bewertet“, sondern Analysen wortwörtlich aus dem Zulassungsantrag der Hersteller übernommen.
Die Efsa wies die Vorwürfe zurück. Zu allen habe sich die Behörde bereits geäußert. Das BfR erklärte: „Es obliegt nunmehr der Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob hier der Anfangsverdacht einer Straftat besteht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands