Zukunft der Mobilität: Erst mehr Ladesäulen, dann mehr E-Autos
In Berlin diskutieren Branchenvertreter die Zukunft der Ladeinfrastruktur: Die Bundesregierung will Ladesäulen schaffen, bevor der Bedarf steigt.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder spricht sich dafür aus, die Ladeinfrastruktur für Elektroautos „vorlaufend auszubauen“ – also über den aktuellen Bedarf hinaus. Das sagte er am Donnerstag auf der Ladeinfrastruktur-Konferenz in Berlin, nachdem am Tag zuvor das Bundeskabinett den „Masterplan Ladeinfrastruktur 2030“ beschlossen hatte. Zwar gebe es in Deutschland bereits mehr als 180.000 öffentliche Ladepunkte, doch speziell in Großstädten herrsche noch immer ein Mangel.
Ein Grund dafür: Die Flächen in Städten sind knapp. Da eine spezielle Ladeinfrastruktur aber viel Platz benötigt, will die Bundesregierung auch die „Elektrifizierung von Stellplätzen“ voranbringen. Diesen Ansatz unterstützte auf der Konferenz auch Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius: Wenn eines Tages mehr als die Hälfte aller Autos elektrisch fahren, müsse man „jeden Laternenparker mitnehmen“.
Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie hob unterdessen hervor, dass gerade auch für Nutzfahrzeuge die Ladeinfrastruktur bislang unzureichend sei. Daher möchte die Bundesregierung auch diese Ladestationen fördern, die oft noch größere Leistungen bereitstellen müssen als die Ladepunkte für Pkw.
Die Bundesregierung will zudem dafür sorgen, dass öffentliche Flächen künftig wettbewerblich an einen Betreiber vergeben werden, denn an attraktiven Orten gibt es oft mehrere Interessenten. Aber es gibt auch viele nur mäßig frequentierte Standorte, an denen der wirtschaftliche Betrieb von Ladeinfrastruktur ohne staatliche Förderung „kein Geschäftsmodell“ sei, wie Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, sagte. An vielen Standorten reiche die Auslastung für einen rentablen Betrieb heute schlicht nicht aus, denn dafür gebe es bisher nicht genug Elektrofahrzeuge auf den Straßen.
Bezahlung soll vereinfacht werden
Ein wichtiges Thema der Bundesregierung ist unterdessen auch der Abbau von Hürden beim Bezahlen. Die Abrechnung beim Laden solle künftig „nicht komplizierter sein als Tanken“, heißt es im Masterplan. Zugleich müsse man an den Ladesäulen die Preistransparenz erhöhen, sagte Minister Schnieder: „Wir müssen überall digitale Preisinformationen verfügbar machen.“ Das werde man beim sogenannten Ad-hoc-Laden, das ohne Registrierung und Vertragsbindung geschieht, mit einer Novelle der Preisangabenverordnung regeln.
In den 41 Punkten, die der Masterplan auflistet, taucht immer wieder auch das bidirektionale Laden auf – also die Rückspeisung von Energie aus der Autobatterie ins öffentliche Netz. Die Fahrzeuge würden damit zu „Powerbanks auf Rädern“, so der Verkehrsminister. Die Bundesregierung werde über veränderte Rahmenbedingungen Anreize dafür geben, dass Autos künftig auch „für Strommarkt- und Netzdienstleistungen genutzt werden“.
Das wohl wichtigste Thema in diesem Zusammenhang klammerte Schnieder in seiner Eröffnungsrede auf der Ladeinfrastruktur-Konferenz allerdings aus – weil es nämlich nicht in sein Ressort, sondern ins Wirtschaftsministerium fällt. Will man nämlich erreichen, dass die Fahrzeuge netzdienlich be- und gegebenenfalls entladen werden, braucht man regionale Preisanreize im Strommarkt.
Die Bundesnetzagentur erarbeitet bereits eine umfassende Reform der Netzentgelte, damit diese künftig die lokalen Engpässe widerspiegeln werden. Denn das Stromsystem wird mit der Ladeinfrastruktur in Zukunft nur dann umgehen können, wenn der Preis am konkreten Ladepunkt auch deutlich widerspiegelt, ob am betreffenden Ort der Strom gerade knapp oder im Überfluss vorhanden ist.
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