Zukunft der „Frankfurter Rundschau“: Gackern über ungelegte Eier
Mehrheitseigner DuMont will die „Frankfurter Rundschau“ verkaufen. Die SPD-Presseholding ist über die Verlautbarung empört – und alle rudern zurück.
Selten hatte man Verlagsmanager so stinksauer gesehen: Am Tag, an dem die SPD-Presseholding DDVG ihre Bilanz in Hamburg vorstellte, war in Köln DuMont-Vorstand Franz Sommerfeld schon mal vorgeprescht und hatte in der Financial Times Deutschland (FTD) laut über einen möglichen Verkauf des gemeinsamen Sorgenkindes Frankfurter Rundschau (FR) nachgedacht.
Bei dem seit Jahren kriselnden Blatt ist DuMont Mehrheitseigentümer (50 Prozent), die DDVG ist mit 40 Anteilsprozenten dabei. „Es ist völlig überflüssig, öffentlich über ungelegte Eier zu gackern“, sagte DDVG-Geschäftsführer Jens Berendsen, der von den Kölner Überlegungen kalt erwischt wurde.
Die SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks, die bei der DDVG als „Generaltreuhänderin“ ihrer Partei das Sagen hat, wurde noch etwas deutlicher: „Dass in einem Medienhaus wie DuMont ein früherer Chefredakteur so unverantwortlich schwadroniert“, sei ja wohl das Letzte, spielte Hendricks auf Sommerfelds früheren Job als Chefredakteur des DuMont-Stammblatts Kölner Stadtanzeiger an.
Die SPD-Presseholding DDVG ist unter anderem an diesen Presseerzeugnissen beteiligt:
Neue Westfälische (Bielefeld): mit 57,5%
Frankfurter Rundschau: 40%
Sächsische Zeitung (Dresden): 40%
Frankenpost (Hof) 35%
Cuxhavener Nachrichten 32,5%
Freies Wort (Suhl) 30%
Neue Presse (Coburg) 30%
Verlagsgruppe Madsack (u.a. Hannoversche Allgemeine, Leipziger Volkszeitung, Kieler Nachrichten, Ostsee-Zeitung) 21,3%
Westfälische Rundschau (Dortmund) 13,1%
Ökotest 65,7%
„Wenn er schon nicht mit Zahlen umgehen kann, sollte er wenigstens mit Worten umgehen können“. Und Berendsen legte nochmal nach: „Herr Sommerfeld ist noch nicht lange in dieser Funktion, ich gehe davon aus, dass er da noch hinein wächst“.
Nur theoretische Äußerungen
Sommerfeld, seit immerhin 2009 bei DuMont Zeitungsvorstand, hatte der FTD gesagt, „wenn wir einen hochinteressierten Käufer finden, der uns viel Geld dafür zahlen würde, würden wir das natürlich prüfen“. Am Mittwoch beeilte sich der Konzern, die Äußerungen wieder einzusammeln: Die FR stehe nicht zum Verkauf, erklärte Sommerfeld der dpa, und fügte leidlich verräterisch hinzu: „Wir haben auch kein ernsthaftes Kaufangebot“. Und der Konzernsprecher ließ mitteilen, Sommerfelds Äußerungen seien nur theoretisch gemeint.
In der Praxis dürften sie bei der FR neue Unruhe schüren: Die Auflage des Blattes sinkt weiter, weil 2011 die Anzeigenerlöse nochmal stärker als erwartet einbrachen, ist auch die für 2013 eigentlich erhoffte „Schwarze Null“ schon wieder in weite Ferne gerückt.
Laut Geschäftsbericht 2010 war für 2011 ein Verlust von 15,8 Millionen Euro kalkuliert, der nun offenbar noch höher ausfällt. Konkrete Zahlen nannte DDVG-Mann Berendsen hier natürlich nicht. Die DDVG verzichtete aber 2011 wie schon in den Vorjahren auf die Rückzahlung von der FR gewährten Darlehen.
Während in Köln und Frankfurt immer mal wieder Gerüchte über ein mögliche Einstellung des 2006 mehrheitlich von DuMont übernommenen Traditionsblatts die Runde machen, heißt es bei der DDVG, beide Unternehmen hätten sich „bis 2015 committed“.
Und jetzt die gute Nachricht
Für die SPD insgesamt hielt die DDVG aber gute Nachrichten bereit: Nachdem unter anderem die FR eine ziemlich verhagelte 2010er Bilanz vorlegte, konnte die Holding für das Geschäftsjahr 2011 wieder einen leichten Jahresüberschuss von 900.000 Euro vermelden.
Da man in guten Jahren die Bilanzgewinne nicht komplett ausgeschüttet, sondern vorgetragen hatte, kann sich die SPD über 7,1 Millionen Euro freuen, von denen nach Steuern & Co. rund 6 Millionen in die Parteikasse fließen. Möglichen macht es der Rest der Holding, die an rund 20 Regionalzeitungen zumeist Minderheitsbeteiligungen (siehe Kasten) hält. Vor allem die Expansion der Hannoveraner Verlagsgruppe Madsack, an der die DDVG mit 23,1 Prozent beteiligt ist, macht Berendsen Spaß: „Wenn Madsack wächst, wachsen wir mit“.
Und noch einen Trost konnten die sozialdemokratischen Verleger, die auf die politischen Inhalte der mit ihnen verbandelten Blätter keinen Einfluss nehmen, in Hamburg mitnehmen: Das früher von den Unionsparteien und der FDP stets verlässlich vernehmebare Gemoser, dass einer Partei doch besser gar keine Medienbeteiligungen erlaubt sein sollten, ist in diesem Jahr verstummt.
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