Zugang zu amtlichen Informationen: Hamburg bald intransparent
Das Transparenzgesetz des Stadtstaates gilt als Vorbild. Der rot-grüne Senat will es angeblich verbessern – plant aber das Gegenteil.
Nach einer Volksinitiative setzte die SPD 2012 das Transparenzgesetz durch. Es verpflichtet das Land, amtliche Informationen öffentlich und kostenlos im Internet zugänglich zu machen. Dazu gehören etwa Gutachten, Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100.000 Euro, die die Daseinsvorsorge betreffen. Das Besondere: Statt auf Nachfrage werden zahlreiche Informationen, Daten und Dokumente in einer Datenbank proaktiv veröffentlicht. Mit rund 40 Millionen Aufrufen stößt das Transparenzportal seither auf großes Interesse.
Als zentralen Fortschritt hebt der Senat nun hervor, dass künftig auch die „mittelbare Staatsverwaltung“ zur Veröffentlichung verpflichtet ist. Dies betrifft die Handwerks- und Handelskammer ebenso wie die Universitäten und damit auch das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Auch Stiftungen öffentlichen Rechts sind veröffentlichungspflichtig.
Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, lobt diese Ausweitung, spricht aber insgesamt von „Licht und Schatten“ des Entwurfs und befürchtet gar, dass dieser gegen europäisches Recht verstößt. Besonders umstritten ist, dass Name und Anschrift der Antragsteller*innen im Falle einer Nachfrage zu personenbezogenen Daten, geistigem Eigentum oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der auskunftspflichtigen Stelle mitgeteilt werden sollen.
Antragsteller werden geoutet
„Wenn bei jeder kritischen Anfrage der Name und die Anschrift der Antragsteller mitzuteilen sind, wird eine Aufdeckung von Missständen zum persönlichen Risiko des Anfragenden“, sagt Caspar. Die neue Vorschrift erschwere überdies die Arbeit von investigativen Journalist*innen.
Nach Ansicht der Justizbehörde ist beides aber nahezu auszuschließen: „Es gibt hinreichende Handlungsmöglichkeiten der Behörde, auf solche rechtsmissbräuchlichen Ausnahmefälle zu reagieren“, sagt André Otto, Sprecher der Justizbehörde.
Auch Helena Peltonen, stellvertretende Vorsitzende von Transparency International in Deutschland, zeigt sich entsetzt von der Reform: „Es wird als Fortschritt verkauft, dabei ist an vielen Stellen das Gegenteil der Fall.“ Dass nun auch die mittelbare Staatsverwaltung in das Gesetz einbezogen wird, sei positiv – aber auch eine alte Forderung, deren Erfüllung überfällig sei.
Das Transparenzranking zeigt, wie transparent die Bundesländer und ihre Verwaltungen sind. Betrieben wird die Plattform von der Open Knowledge Foundation, einem Verein, der sich für Informationsfreiheit einsetzt.
Spitzenreiter Hamburg kommt auf 69 von 100 Punkten. Mit der Reform würde es um drei Punkte absacken. Schleswig-Holstein und Bremen folgen auf den nächsten Plätzen, Mecklenburg-Vorpommern im Mittelfeld. In Niedersachsen gibt es weder ein Informationsfreiheits- noch ein Transparenzgesetz.
„Dass zudem der Datenschutzbeauftragte mehr Kompetenzen erhält, ist grundsätzlich zu befürworten“, sagt Peltonen. „Wenn aber nicht auch die personellen Ressourcen erweitert werden, ist die Reform ein Papiertiger“, warnt sie. Dann werde der Datenschutzbeauftragte diese Ausweitung auf Umwelt- und Verbraucherinformationen gar nicht nutzen können.
Eine weitere Errungenschaft sieht Transparency International ebenfalls in Gefahr: Wichtige Verträge der Stadt, insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge, müssen bisher bereits vor Vertragsabschluss veröffentlicht werden. „Angesichts der desaströsen Mautverträge des Bundesverkehrsministers sieht man, wie wichtig es ist, vorher der Öffentlichkeit die Verträge zu zeigen“, sagt Peltonen. Diese Norm soll ersatzlos gestrichen werden.
Eine weitere Verschlechterung sieht Peltonen in der Streichung eines kleinen Worts. „Unverzüglich“ müssen die Behörden bisher Informationen auf Nachfrage rausrücken. Künftig beträgt die Frist zur Beantwortung einen Monat.
Johannes Caspar kritisiert zudem, dass nicht auch der Verfassungsschutz zu mehr Transparenz gezwungen wird. „Es kann durchaus ein erhebliches öffentliches Interesse an Informationen bestehen“, sagt der Landesdatenschutzbeauftragte. Bundes- und Ländergesetze schützten sicherheitsrelevante Informationen von Nachrichtendiensten bereits hinreichend.
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