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Zuckerbrot und Peitsche vom Amt

Das neue Job-Aqtiv-Gesetz soll Arbeitssuchende „fördern und fordern“  ■ Von Annette Kohlmüller

Die falsche Schreibweise ist gewollt: Das Q steht für Qualifizieren im neuen „Job-Aqtiv-Gesetz“, das am 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist. Um die Zahl von bundesweit rund vier Millionen Arbeitslosen zu senken, sollen Mitarbeiter der Arbeitsämter in Zukunft flexibler haushalten, besser beraten und intensiver betreuen. Für viele Arbeitslose dürfte das Maßnahmenpaket tatsächlich Vorteile bringen, für manche aber auch Nachteile. Vor allem diejenigen, die sich weiterbilden wollen, können mit Hilfe rechnen. „Wir wollen fördern, aber auch fordern“, sagt Knut Böhrnsen, Pressesprecher des Arbeitsamtes Hamburg.

Dazu gehöre, dass alle, die sich arbeitslos melden, fünf Tage lang ein so genanntes Informations-Orientierungs-Seminar (IOS) besuchen müssen. Dort sollen die Teilnehmer, getrennt nach Berufsbereichen, lernen, wie sie Bewerbungen verfassen oder neue Arbeitfelder finden. Wer den Kurs verweigert, dem wird das Arbeitslosengeld gesperrt. „Das gilt für Fließenleger genauso wie für Akademiker“, betont Böhrnsen. Das Prinzip der IOS-Seminare, die in Hamburg bereits seit zwei Jahren laufen, ist modellhaft für Job-Aqtiv: Wer kooperiert, profitiert, wer nicht, verliert.

Wie genau die neuen Bestimmungen ausgelegt werden, bleibt jedem Arbeitsamt selbst überlassen. Welche Änderungen sich für die Hamburger Arbeitlosen im einzelnen ergeben, ist nach dem Regierungswechsel noch völlig unklar. Fest steht, dass 60 neue Arbeitsberater für ganz Hamburg eingestellt werden. Davon werden allerdings nur 21 neu beschäftigt und 39 aus anderen Projekten abgezogen. Auch die Zahl der ABM-Maßnahmen soll von 2000 auf 1500 verringert werden.

Gabi Gottwald, Mitarbeiterin des Beschäftigungsträgers ABACUS befürchtet, dass der Erfolgsdruck bei den Arbeitsämter dazu führen wird, „dass sich die Berater zuerst um die kümmern, die am wenigsten Schwierigkeiten machen.“ Langzeitarbeitslose, ältere, psychisch oder körperlich behinderte Menschen würden von dem Gesetz sehr wenig profitieren. Diese Gruppe sei von den Maßnahmen des Arbeitsamtes überfordert und entziehe sich den als schikanös empfundenen Terminen. „Viele werden aus dem System herausfallen, weil sie jetzt sehr viel schneller ihren Anspruch auf Unterstützung verlieren“, sagt Gottwald. Ihrer Ansicht nach fördert das Job-Aqtiv-Gesetz den sogenannten „Creaming-Effect“: Gut Ausgebildete werden noch besser qualifiziert, und Unternehmen schöpfen dieses Sahnehäubchen ab. Gleichzeitig sinken Ungelernte auf dem Arbeitsmarkt immer weiter nach unten. „Wenn keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden, ist es auch nicht möglich, zusätzliche Leute einzustellen“, sagt sie, „Job-Aqtiv hin oder her.“

Optimistischer ist Erhard Pumm, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Hamburg. Er steht dem neuen Gesetz grundsätzlich positiv gegenüber. Besonders gut findet er die Idee der Jobrotation: Arbeitgeber können ihre Angestellten häufiger für Weiterbildungen frei stellen, da sie die Lohnkosten für eine Ersatz-Person während dieser Zeit erstattet bekommen. „So werden zwei Fliege mit einer Klappe geschlagen“, freut sich Plumm. Zum einen können sich Beschäftigte weiterqualifizieren, ohne ihren Arbeitsplatz aufzugeben, zum anderen erhalten Arbeitslose für eine gewisse Zeit eine Stelle - und fallen somit aus der Statistik. Im besten Falle werden sie sogar übernommen. „Gerade Unternehmer kleinerer und mittlerer Betriebe scheuen sich, neue Mitarbeiter einzustellen, selbst wenn sie die finanziellen Mittel hätten“, sagt Plumm. Oft seientschieden sie sich aber doch dafür, wenn sie jemanden erst einmal eingearbeitet hätten.

Pumm meint: „Man muss doch mal was Neues ausprobieren, auch wenn es sicherlich nicht gleich Erfolg hat. Das Job-Aqtiv-Gesetz ist zwar nur ein Mosaikstein in der Arbeitspolitik, aber zusammen mit anderen Maßnahmen kann es sicher viel bewirken.“

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