Zoff bei Ajax Amsterdam: Schwärzerer Schwarzer
Ajax Amsterdam will an alte Erfolgszeiten anknüpfen. Doch die zwei, die es richten sollen, Johan Cruijff und Louis van Gaal, können sich überhaupt nicht leiden.
AMSTERDAM taz | Ajax Amsterdam steht beinahe im Achtelfinale der Champions League. Zum ersten Mal nach fünf Jahren. Für den Club, der sein Selbstverständnis noch immer jener Zeit entlehnt, als er in Europa das Maß aller Dinge war, bedeutet das die Hoffnung, endlich anknüpfen zu können an alte Glanzzeiten. Eigentlich. Denn über das vorentscheidende Spiel am Dienstag bei Olympique Lyon redet zurzeit kaum jemand in der Amsterdam Arena.
Ebensowenig wie über die Krise, die sich Ajax in der Ehrendivision so wie beinahe jeden Herbst gönnt. Die Zukunft seiner Vorgänger wäre bei einem vergleichbaren Tabellenstand längst in allen Medien verhandelt worden, doch taucht der Name des Trainers Frank de Boer dort in diesen Tagen kaum noch auf. Nach dem 2:2 gegen Breda am Wochenende steht Ajax mit 10 Punkten Rückstand auf Alkmaar nur auf Rang vier.
Gesprochen dagegen wird über die Führungsetage des Klubs. Schon das ganze Jahr über schwelt dort ein Konflikt zwischen Johan Cruijff, Altstar, Ajax- Lichtgestalt und Aufsichtsratsmitglied in Personalunion, und dem Vorstand. Zur Debatte stehen der zukünftige Kurs und interne Befugnisse.
In den letzten Wochen wurde daraus ein Flächenbrand, und zuletzt überschlugen sich die Ereignisse derart, dass es selbst langjährige Kenner des kapriolenlastigen Ajax die Sprache verschlägt.
Zunächst machte der Aufsichtsrat letzte Woche bekannt, dass Louis van Gaal, Trainer beim letzten Triumph in der Champions League 1995, ab Juli als Allgemeiner Direktor zu Ajax zurückkehrt.
Das Gremium, dem Cruijff als eins von fünf Mitgliedern angehört, traf diese Entscheidung ohne Wissen der Ajax-Ikone und gegen deren Willen. Van Gaal selbst hatte vor Jahresfrist eine Rückkehr nach Amsterdam noch mit den Worten ausgeschlossen: "Unmöglich, solange Johan Cruijff dort ist."
Der Vorstand geht
Entsprechend pikiert reagierte Cruijff, der vor einem Aufsichtsratskrisengipfel am Sonntag erklärte, er könne mit seinen Kollegen nicht länger zusammenarbeiten: "Entweder sie oder ich, oder wir gehen alle."
Gehen wird in jedem Fall das dreiköpfige Vorstandsteam, seit gut einem halben Jahr ohnehin nur noch kommissarisch tätig, das am Sonntag das Handtuch warf. Bei der Mitgliederversammlung nächste Woche soll nun ein neuer Interimsvorstand benannt werden.
"Ajax-Theaterstück immer wahnsinniger" titelte am Montag das populäre Gratisblatt Spits. Der TV-Sender RTL nannte den Verein " das neue ,Gute Zeiten, Schlechte Zeiten' ". Tatsächlich überschattet die Führungskrise beim niederländischen Renommierklub alles andere, seit Cruijff im Frühjahr als Funktionär zurückgeholt wurde.
Während vor allem die Fans sich von der legendären Nr. 14 endlich wieder Erfolge versprechen, lösten seine personellen Allmachtsansprüche intern immer wieder Krisen aus. Auch die erste Ajax- Meisterschaft seit sieben Jahren konnte den latenten Konflikt kaum beruhigen.
Rasistische Beleidigungen
Nicht gut zu sprechen auf Cruijff ist auch sein Aufsichtsratskollege Edgar Davids, der die Verpflichtung van Gaals eingefädelt haben soll. Am Sonntag machte der ehemalige Nationalspieler bekannt, Cruijff habe ihn während einer Versammlung rassistisch beleidigt und gesagt, er sei nur Teil des Gremiums, weil er schwarz sei.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Steven Ten Have bestätigte die Aussprache im Fernsehen. Für Exnationalspieler Brian Roy, Jugendtrainer bei Ajax, ist der Vorwurf dagegen absurd: "Ich stehe der Familie Cruijff seit Jahren sehr nah. Und ich bin noch schwärzer als Edgar."
Zu Wochenbeginn zeichnete sich nun eine leichte Entspannung ab. Johan Cruijff erklärte, zu einer Zusammenarbeit mit Louis van Gaal durchaus bereit zu sein - vorausgesetzt, dieser werde nach seinen technischen Vorgaben arbeiten.
Gut vorstellbar, dass bei Bayern München, van Gaals letzter Trainerstation, einige ob dieser Vorstellung äußerst amüsiert nach Amsterdam blicken werden.
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