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Zivilgesellschaft in NahostIsrael will gegen Kritiker vorgehen

Besatzungskritische NGOs klagen über Druck seitens der Netanjahu-Regierung. Diese reagiert auf einen taz-Bericht und will die NGOs weiter „bekämpfen“.

Israelische Siedler (r.) in der Westbank-Stadt Hebron diskutieren mit einem Mitarbeiter von Breaking the Silence (l.) Foto: reuters

Berlin taz | Die israelische Regierung hat angekündigt, weiter gegen bestimmte israelische und palästinensische Organisationen der Zivilgesellschaft vorzugehen. Dementsprechend äußerte sich das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu gegenüber der israelischen Zeitung Jedi’ot Acharonot. Es reagierte damit auf die Berichterstattung der taz vom Mittwoch.

„Der Premierminister hat gegenüber verschiedenen Staatenlenkern das Thema der Finanzierung von NGOs angesprochen, die Soldaten der israelischen Armee als Kriegsverbrecher porträtieren, palästinensischen Terrorismus unterstützen und zum Boykott des Staates Israels auffordern“, zitierte die Zeitung aus einer Stellungnahme. „Israel wird diese Organisationen weiter bekämpfen.“

Die taz hatte über eine israelische Beschwerde an die Bundesregierung berichtet. In dieser wird die Finanzierung von israelischen und palästinensischen Organisationen beanstandet, die die Besatzung der palästinensischen Gebiete kritisieren. Auch das Jüdische Museum in Berlin sowie das Filmfestival Berlinale werden in dem Schreiben angegriffen. Ihnen werden „Anti-Israel-Aktivitäten“ vorgeworfen.

Deutschland unterstützt NGOs in Nahost über politische Stiftungen wie die Heinrich-Böll- oder die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie über Hilfsorganisationen wie Brot für die Welt, Misereor oder das mit Mitteln des Auswärtigen Amts finanzierte Zivik-Programm.

AktivistInnen als „Verräter“ gebrandmarkt

Mehrere der rund ein Dutzend kritisierten deutschen Organisationen wiesen die Vorwürfe gegenüber der taz zurück und betonten, dass Partnerorganisationen sorgfältig ausgewählt würden. Wer Verbindungen zu Terrororganisationen wie der Hamas habe oder sich antisemitisch äußere, würde als Partner sofort ausscheiden.

Linksgerichtete oder besatzungskritische Organisationen in Israel und Palästina klagen über enormen Druck seitens der Netanjahu-Regierung und Teilen der israelischen Zivilbevölkerung. AktivistInnen, die Verstöße gegen die Menschenrechte in den besetzten Gebieten kritisieren, würden in ihrer Arbeit massiv behindert, etwa indem sie als „Verräter“ gebrandmarkt würden.

Die Vorsitzende der linken Oppositionspartei Meretz, Tamar Zandberg, nahm den taz-Bericht zum Anlass für einen Rundumschlag gegen die rechtsgerichtete Netanjahu-Regierung. „Das ist nur ein Fragment der kranken Beziehung der Regierung mit Nazis und Antisemiten“, sagte sie laut Jedi’ot Acharonot.

Das ist nur ein Fragment der kranken Beziehung mit Nazis und Antisemiten

Tamar Zandberg, Oppositionspolitikerin

Während Netanjahu gegen das Jüdische Museum in Berlin vorgehe, unterhalte er beste Beziehungen zu antisemitischen Staatschefs wie Ungarns Premierminister Viktor Orbán. Netanjahu hatte Orbán im Juli in Israel empfangen und als „wahren Freund Israels“ bezeichnet. Orbán wird dafür kritisiert, in Ungarn antisemitische Ressentiments anzuheizen.

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6 Kommentare

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  • Israel hat jedes Recht, sich gegen das zur Wehr zu setzen, was Tuvia Tenenbom hier beschreibt:



    www.youtube.com/watch?v=lJ99lWFCz18



    Zitat ab Min 4:20:



    .....beautiful looking Germans, mostly young fundet with millions of euros aro operating in Israel with the Palestinians for one purpose, to make sure, there is not one Arab alive who still trust the Jews. How do I konw it? I infiltrated their organizations. And it was frightning to see antisemitism pure operated in the Midddle East today.

  • was ich gern wüßte: womit droht Netanyahu denn? will er den spreewald besetzen, wenn das jüdische museum nicht sofort die jerusalem-ausstellung umbaut? kommt die bundesregierung auf den NGO-monitor, wenn nicht sofort finanzspritzen für b'tzelem etc gestrichen werden?

    • @christine rölke-sommer:

      Ich habe mal in den Zeitungen nachgeschaut, die meisten haben darüber gar nicht berichtet.

      Zwei Sachen habe ich gefunden, die für Sie vielleicht interessant sein könnten,



      warum die Regierung gerade mal wieder sauer auf B’Tselem oder ähnliche Gruppen ist.

      m.jpost.com/Israel...rd-ceremony-573965

      www.btselem.org/fi...azraah_al_qibliyah

      Das dürfte es aber eigentlich nicht sein, ich habe mal Verwandte in Israel angeschrieben, ob sie dazu was gelesen haben.

      Wie gut ist ihr Iwrit noch? Soll ich es gleich mal übersetzen ;-)

      • @Sven Günther:

        ich bin etwas aus der übung. habe mir deshalb vorgenommen, öfter mekomit.co.il/ zu lesen.



        interessant hier in userem theater finde ich diese wortmeldung www.taz.de/Israel-...pulismus/!5554035/



        ach ja... 972mag.com/after-l...al-zionism/138963/ wird bei mondoweiss.net/ diskutiert. - und ich frag mich natürlich, wie weit mann da noch mit dem drohend erhobenen zeigefinger aus Israel kommt.

        • @christine rölke-sommer:

          Die haben auch nichts gehört, Unterstützung des Terrorismus, wie die Siedlern es vorbringen ist strafrechtlich etwas völlig anderes und nicht anwendbar.

          Israels Einfluss ist in der Diaspora sehr unterschiedlich. In den USA stehen viele Juden Israels aktueller Politik kritisch gegenüber, in Deutschland sind die meisten Juden aus der ehemaligen GUS, in solchen Kreisen kommt das hingegen besser an.

          Aber das ist ein Thema, wofür man Tage braucht.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Was genau ist eigentlich die palästinensische Zivilgesellschaft?