Ziele der Regierung in Niedersachsen: Potenzial in alle Richtungen
Die rot-grüne Koalition in Hannover hat gute Chancen, Niedersachsen zum Klima-Vorzeigeobjekt zu machen. Das Team ist jung und kann kooperieren.
D ie vereinbarte Koalition der SPD mit den Grünen in Niedersachsen bietet eine große Chance. Dabei darf der alte und wohl auch neue Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bloß nicht den Fehler machen, ein „Weiter so“ würde reichen. Die Gefahr ist groß, schließlich hat Weil bei der Landtagswahl am 9. Oktober zusätzliche Stimmen für seine Partei geholt.
Zum Glück können aber auch die Grünen mit breiter Brust auftreten, denn sie haben die Zahl ihrer Sitze verdoppelt und damit knapp halb so viele Sitze wie die SPD im Landtag. Stephan Weil sollte dieses Momentum nutzen. Er sollte seine rot-grüne Koalition zu einer Zukunftskoalition machen und das Land zu einem Labor. Niedersachsen könnte zeigen, wie der Weg zu einer klimaneutralen Zukunft aussehen könnte.
Es bietet alle Voraussetzungen dafür, denn es gibt hier viel zu gewinnen und viel zu verlieren. Niedersachsen hat die höchste installierte Leistung an Windkraftanlagen, aber auch den Autobauer VW als großen Arbeitgeber und Finanzier des Landeshaushalts. Niedersachsen hat den Nationalpark Wattenmeer und die tief liegenden Marschgebiete, die der Klimawandel gefährdet, und zugleich Gasfelder vor der Küste und unter der Erde.
Sozialdemokraten und Grüne haben sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Bis zum Ende des Jahrzehnts soll sich das Land zu 75 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgen, bis 2035 zu 90 Prozent, 2040 vollständig. Dabei gibt es auch windelweiche Kompromissformeln wie beim Thema Autobahnen, das die Koalitionäre beim Bund sehen. Das Thema Landwirtschaft hat bereits die alte rot-schwarze Landesregierung mit dem „niedersächsischen Weg“ für den Wahlkampf abgeräumt.
Ohne die FDP als Klotz am Bein
Künftig werden sowohl das Umwelt- als auch das Landwirtschaftsministerium von den Grünen geführt werden, sodass der Reformimpuls weiter reichen könnte. Dringend nötig wäre das angesichts der Massenställe, die das Land prägen und deren Gülle das Trinkwasser bedroht. Die Nöte der Bauern wie auch der Industrie seien bekannt, heißt es.
Zugleich wächst aber auch die Erkenntnis, dass es einen Wandel braucht, wenn etwa mit Schweinen kein Geld mehr zu verdienen oder das Ende des Verbrennermotors absehbar ist. Große Chancen also, in Niedersachsen ein rot-grünes Leuchtturmprojekt auf die Beine zu stellen, ohne eine FDP als Klotz am Bein. Dafür, dass das gelingen könnte, spricht ein junges Kabinett und dafür sprechen auch die mit fünf Verhandlungstagen sehr schnellen und offenbar harmonischen Koalitionsverhandlungen.
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