Zentralafrikanische Republik: Faule Kredite, betrogene Staatsdiener
In dem kriegszerstörten Land wird die Auszahlung der ersten Beamtengehälter seit sechs Monaten zum Fiasko. Viele gehen leer aus.
BERLIN taz | Seit September 2013 hatten die Staatsangestellten der kriegszerstörten Zentralafrikanischen Republik kein Gehalt mehr bekommen. Am Montag strömten die Beamten der Hauptstadt Bangui zu den Banken: Ein erstes Monatsgehalt hatte Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza in einer Rede angekündigt.
Aber viele kamen mit leeren Händen zurück. Manche erhielten nicht einmal umgerechnet 30 Euro – weniger als ein Zehntel ihres Gehaltes. Ein Angestellter des Verkehrsministeriums, berichtete das lokale Journalistenbüro RJDH (Journalistennetzwerk für Menschenrechte), bekam 750 CFA-Francs - umgerechnet 1,14 Euro. Einer vom Agrarministerium bekam gar nichts.
Wie konnte das sein? Viele der Gehaltsempfänger hatten sich zwangsläufig verschulden müssen, um zu überleben. Die Banken behielten die Kredite ein, plus Sollzinsen. Als die Wartenden das merkten, verwandelten sich die Warteschlangen in Protestdemonstrationen. Die Regierung hätte vorher mit den Banken klären sollen, dass diese nicht alles selber einstreichen, sagten viele.
Das Geld hatte Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza vergangene Woche aus Angola mitgebracht. Angola, das wegen seiner Ölmilliarden im Geld schwimmt, hatte ihr 10 Millionen Dollar Hilfe „zum Funktionieren des Staates“ zugesagt. Übergangspremier André Nzapayéké forderte daraufhin am Wochenende alle Staatsdiener auf, zur Arbeit zurückzukehren. Und als erstes durften sie ihre Gehälter abholen.
Aber die Regierung hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Unter Präsident Francois Bozizé, der im März 2013 von den muslimischen Seleka-Rebellen gestürzt wurde, hatten 88 Abgeordnete des damaligen Parlaments Kredite in Höhe von 1 bis 25 Millionen CFA-Franc (1524 bis 38.112 Euro) erhalten – mit Staatsgarantie.
Für deren Rückzahlung fühlen sich Bozizés Nachfolger nicht zuständig. Die größte für Gehaltszahlungen zuständige Bank des Landes BPMC (Marokkanisch-Zentralafrikanische Volksbank) blieb damit nach Bozizés Sturz auf faulen Krediten in Höhe von umgerechnet über 1,1 Millionen Euro sitzen.
Die BPMC hat nun die eng mit Angola liierte Regierung von Kongo-Brazzaville um Vermittlung gebeten. Aber nachdem Milizen in der Zentralafrikanischen Republik fast alle Muslime verjagt oder getötet haben, kann die Regierung kaum als erstes ein Bankhaus aus dem Maghreb sanieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt