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Zentral- und Landesbibliothek BerlinBücher statt Büros

Es gibt neue Pläne für den Umzug von Berlins Zentral- und Landesbibliothek in das Kaufhaus Galeries Lafayette. Der Investor hat jedoch andere Pläne.

Wird im Lafayette bald geschmökert statt geshoppt? Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | In die Diskussion um den Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) in die Galeries Lafayette kommt neuer Schwung: Wie die Senatskulturverwaltung auf taz-Anfrage mitteilt, sind die Kosten für den Erwerb des Kaufhauses in der Friedrichstraße in Mitte niedriger als für die Sanierung der bisherigen beiden Standorte. Auch der ursprünglich geplante Neubau neben der Amerika-Gedenkbibliothek am Blücherplatz wäre teurer als die Option im Quartier 207 in der Friedrichstraße.

Kultursenator Joe Chialo (CDU) bestätigte am Montag im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses zudem einen Bericht des Tagesspiegel. Demnach gibt es Überlegungen, neben der ZLB auch Teile der Staatsbibliothek für bis zu 15 Jahre im Lafayette-Gebäude unterzubringen.

Die Staatsbibliothek in der Potsdamer Straße wird aufwendig saniert und braucht dringend einen Ausweichstandort. Über die Mieteinnahmen durch die Staatsbibliothek, die der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und damit dem Bund gehört, könnte der Umzug der ZLB in die Galeries Lafayette mitfinanziert werden.

Kultursenator Chialo will das kurz vor der Schließung stehende Kaufhaus schon seit längerem kaufen. Die Finanzierung ist angesichts der angespannten Haushaltslage aber ungeklärt. Der Eigentümer verlangt für das siebenstöckige Gebäude rund 580 Millionen Euro.

Die Zeit drängt

Im Kulturausschuss bezeichnete Chialo den Umzug der ZLB in das Kaufhaus erneut als „Jahrhundertchance“: „Wir suchen eine nachhaltige Lösung für das Raumproblem der ZLB, aber auch für die Wiederbelebung der Friedrichstraße, die in den vergangenen Jahren zunehmend verödet ist“, sagte der CDU-Politiker.

In den vergangenen Monaten habe man sich „intensiv“ mit der Finanzierung beschäftigt, sei aber noch nicht zum Abschluss gekommen. „Wir arbeiten an kreativen Finanzierungen“, so Chialo. Möglich sei etwa ein Sponsoring, auch mit dem Bund sei man im Gespräch, es gebe jedoch noch keine verbindlichen Zusagen.

Dabei drängt die Zeit: Wie das Bezirksamt Mitte auf taz-Anfrage mitteilt, hat der bisherige Eigentümer Tishmann Speyer Properties am 17. Mai digital einen Bauantrag eingereicht. Der sieht eine Nutzungsänderung der rund 25.000 Quadratmeter großen Verkaufsfläche in Büros vor.

Darüber hinaus sollen wieder Einzelhandelsflächen, ein Restaurant und ein Café entstehen. Zudem soll das Gebäude unter Erhalt der 15 bestehenden Wohnungen saniert werden. Allerdings gilt der Bauantrag „erst als wirksam eingereicht, wenn die Unterlagen in Papierform mit den originalen Unterschriften vorliegen“, so ein Sprecher des Bezirksamts zur taz.

Unterstützung vom Bibliotheksverband

Die Berliner Landeschefin des Deutschen Bibliotheksverbands, Regina Kittler, drängt angesichts dessen auf eine rasche Umsetzung der Lafayette-Pläne. „Die Idee ist gut, die ZLB hat sie auch schon geprüft, das geht“, so Kittler, die auch Sprecherin für Bildung und Kultur der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Marzahn-Hellersdorf ist.

Der Bund müsse das Vorhaben nun unterstützen. „Wenn das jetzt nicht reicht, dann will die Politik keine Lösung finden“, so Kittler. „Nach und nach verschwinden Räume für die Stadtgesellschaft. Die Politik muss jetzt anfangen, das zu stoppen.“

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1 Kommentar

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  • Immobilenspekuant Tishmann Speyer Properties, "erlaubt" zu "besetzen", das könnte der Phantasie eines Hausautoren der Schaubühne entsprungen sein, die, welche Ironie, auch von den Haushaltseinsparungen in der Kultur massiv betroffen ist.

    Was tun? Aufgabe müsste es doch sein, die derzeitigen Sozialproteste unter dem Label #unkürzbar (siehe taz-Berichterstattung) zu einer sozio-kulturellen Massenprotestbewegung zu machen, an dem sich Tausende Studierende, Schüler, Lehrer und Bürger beteiligen.

    Eine Gelbwestenbewegung wie in Frankreich, die die politischen Machthaber und Gewerkschaften herausgefordert, indem sie sich erst einmal WEIGERT, Gesprächspartner für Verhandlungen zu benennen, die AUTONOM agiert und sich nicht dem falschen Anschein von Autonomie gibt, wie die Angestellten der ZLB. Die eine Gemeinschaft der Miteinanders schafft, um sich irgendwann auch gut zu organisieren.

    Friedrich-Ebert-Stiftung

    "Die Gelbwestenbewegung hat die Erosion politischer Institutionen sichtbar gemacht: Entkräftet und zu sehr auf Machtspiele und ihre eigenen Probleme fixiert, spielen sie in der öffentlichen Debatte keine Rolle mehr und vermögen die öffentliche Agenda nicht mehr zu bestimmen".