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Zahlen zu Zwangsräumungen 2019Im Schnitt 45 Räumungen pro Tag

Im Jahr 2019 gab es mindestens 45 Zwangsräumungen täglich – tatsächlich waren es wohl weit mehr. Denn die Daten sind noch nicht vollständig.

Zwangsräumungen können auch während der Pandemie in Deutschland vollzogen werden Foto: Karsten Thielker

Auch während der Pandemie können in Deutschland Zwangsräumungen vollzogen werden. Doch wie viele Mie­te­r:in­nen im Jahr 2020 tatsächlich auf die Straße gesetzt wurden, ist unklar – die Datenlage ist dünn. Bisher wurden meist nur die Zahlen der Vollstreckungsaufträge in den einzelnen Bundesländern herangezogen. Diese Zahlen sagen aber nicht aus, ob die Räumungen tatsächlich durchgeführt wurden. Eine bundesweite Übersicht dazu fehlt.

Nun liegt der taz ein Bericht der Bundesregierung vor, der zum ersten Mal zumindest einen Zwischenstand abbildet, wie viele Zwangsräumungen 2019 in den einzelnen Bundesländern vollzogen wurden. Allerdings fehlen noch Daten aus Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Und für sieben Bundesländer – Berlin, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen – liegen nur Zahlen für das 4. Quartal 2019 vor. Aus dem Dokument geht nicht hervor, ob die Räumungen sich nur auf Wohnraum oder auch auf Geschäftsräume beziehen.

16.439 Zwangsräumungen wurden dem Bundesjustizministerium bislang für das Jahr 2019 gemeldet – das entspräche im Schnitt 45 Zwangsräumungen pro Tag. Werden nun die Zahlen aus den Ländern, die nur Daten aus dem 4. Quartal übermittelt haben, auf das Jahr hochgerechnet, kommt man insgesamt auf 33.089 Zwangsräumungen. Das entspräche schon 90 Zwangsräumungen pro Tag, obwohl die Daten aus Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein noch fehlen.

Die Gesamtzahl dürfte also höher liegen. Denn in Baden-Württemberg gab es 2019 allein 5.295 Anträge auf Zwangsvollstreckungen. Das geht aus einer Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage von Caren Lay, der wohnungspolitischen Sprecherin der Fraktion der Linken im Bundestag, hervor.

„Räumungen in die Wohnungslosigkeit gehören grundsätzlich verboten“, sagt Lay der taz. „Mindestens für die Zeit der Pandemie müssen Zwangsräumungen von Wohnungen ausgesetzt werden.“ Kommunen sollte zudem die Nutzung von leerstehenden Hotels und Wohnungen für Obdachlose erleichtert werden, so Lay. Im Januar hatte sich auch Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) für eine bundesweite Aussetzung von Zwangsräumungen ausgesprochen. „Mit großer Sorge beobachte ich die unverändert stattfindenden Zwangsräumungen von Wohnungen, und das trotz der Pandemielage“, sagte sie.

Die Bundesregierung legte zwar fest, dass Mieter:innen, die von April 2020 bis Juni 2020 aufgrund der Pandemie Zahlungsrückstände hatten, nicht gekündigt werden dürfen. Doch diese Regelung lief im Juli 2020 aus und wurde nicht verlängert. Die Mietschulden müssen zudem bis Ende Juni 2022 zurückgezahlt werden. Grundsätzlich haben Mie­te­r:in­nen die Möglichkeit, eine Räumung abzuwenden, wenn es für sie eine besondere Härte darstellen würde. Das muss allerdings durch Gerichte entschieden werden.

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wer seine Wohnung nicht bezahlen kann oder will, der begibt sich oder lebt schon in einer wie auch immer gelagerten schwierigen und belasteten Lebenssituation. Kaum einer macht das aus purer Lebenslust oder aus dem Gefühl der Zugehörigkeit. Es sind Verlierer im Leistungsprinzip unserer Gesellschaft. Als mein Vater seine Steuer wegen dem Ausfall von Kundenrechnungen nicht mehr bezahlen konnte, wurde unser Familienhaus (fünf Kinder) gepfändet. Die Familie und ihre Mitglieder haben sich sehr lange nicht davon erholen können. Die Härte wird Deutlich. In diese Zeiten, in dem uns die Medien täglich die völlig irren Finanzdebakel weltweit vor Augen führt, ist ein Gesetzt, dass Arme wegen ein paar Schilling ihre Lebensgrundlage entzieht, höchst unmoralisch.

  • Das müsste in einer gemeinwohlorientierten Gesellschaft Coronamaßnahme Nummer eins sein, diese menschenverachtende Praxis wenigstens zu Pandemiezeiten auszusetzen. Ich bin völlig entsetzt von diesen Zahlen. Das ist nicht normal. Niemals, egal ob Pandemie oder nicht, das ist vollkommen abartig.

  • Zwangsräumungen werden üblicherweise erst nach mehrmaligen Mahnungen und Gerichtsverfahren angeordnet - also jahrelange Mietausfälle für den Vermieter.



    Da habe ich zugegeben wenig Mitleid. Fall aus einer Nachbargemeinde: Sozialleistungsempfänger zahlen monatelang die Miete nicht, die das Sozialamt überweist, sondern kaufen nach eigenen Angaben Spielekonsolen, Handys, teure PCs... Mahnungen des Vermieters werden ignoriert. Nach 1 Jahr unbezahlter Miete erfolgt die Zwangsräumung - der Vermieter war übrigens eine Familie, für die die Wohnung eine Altersvorsoge war. Ich habe Mitleid mit dem Vermieter.

    • @Sandra Becker:

      Das ist so dermaßen menschenverachtend, was sie da von sich geben. Man will doch niemandem Obdachlosigkeit wünschen? Aber sie scheinen so wenig Empathie zu haben dass es ihnen vielleicht doch mal gut täte, selbst in diese Situation zu kommen. Well und ich weiß auch schon wessen Kommentar hier nicht veröffentlicht wird.. Wieder so ein Beispiel, wo "Sachlichkeit", "Meinung", "Diskurs" die Herrschaftsordnung stützt und menschenverachtende Konsequenzen einfach als legitime Befindlichkeit eines neutralen Diskutanten durchgehen..

    • @Sandra Becker:

      Schon bezeichnend, dass als Schutzbehauptung so ein anekdotischer Mist herhalten muss.

      Wenn man keine Argumente hat halt.

      Mieteinnahmen sind Leistungsloses Einkommen, welches dem Recht auf Obdach nachsteht. Da habe ich kein Mitleid mit den Abzockern.

      Die Mär der laufenden Kosten glaubt keiner mehr, der des Denkens fähig ist.

      • @Beskar:

        Leistungsloses Einkommen, aha. Das kann eigentlich nur von jemandem kommen der keine Vorstellung davon hat wie sehr manche Vermieter (und ich rede hier explizit nicht von Wohnungsbaugesellschafen) sich abrackert oder sichnicht großes leistet um im Alter von seinen, nennen wir es ruhig Entbehrungen, leben zu können. Leute die es toll finden das Leistungsbezieher eben das Geld, welches ihnen die Allgemeinheit zum wohnen zur Verfügung stellt, auf Kosten des Vermieters in Konsumgüter investiert, sollten vielleicht mal ihre eigene Sozialverträglichkeit überprüfen.

      • @Beskar:

        Was Sie glauben oder nicht ist unerheblich. Genauso wie die benannte Familie habe auch ich vermietete Wohnungen als Alterversorgung. Diese sind natürlich kreditfinanziert, d.h. neben den Betriebskosten, die ich als Vermieter zahlen muss, trage ich auch die monatlichen Finanzierungskosten. Mein Mitleid mit Mietern, die ihr Geld lieber dem privaten Konsum zukommen lassen anstatt für den von ihnen angemieteten Wohnraum, hält sich also in Grenzen.

      • @Beskar:

        Ich wünschte Leute wie Sie würden nur einmal selbst etwas vermieten oder anderweitig Wohnraum schaffen. Leistungsloses Einkommen. Wenn ich sowas schon lese...

        • @Šarru-kīnu:

          Ich wünschte Leute wie sie würden nur einmal ein paar Monate als Familie auf der Straße verbringen, ohne Geld, während einer Pandemie, im Winter. Wohnraum schaffen. Wenn ich sowas schon lese...

    • @Sandra Becker:

      "Anectdotal evidence".

      Nicht alle Fälle mögen so gelagert sein.

      Für viele Immobilieneigentümer sind Mieteinnahmen meiner Meinung nach einfach leistungsloses Einkommen. Die renovieren ja nicht unbedingt regelmäßig. Da stellt sich grundsätzlich die Moralfrage.

      Ist es OK, daß eine große Mehrheit eine kleine Minderheit mit Geld bewerfen muß, um ein Obdach zu haben?

      • @kditd:

        JA!

        Und wer das nicht will, kann kaufen oder bauen.