Zahl der Organspenden: Bremen ist Schlusslicht
Statistisch gesehen gab es 2016 in Bremen bundesweit die wenigsten Organspenden, Hamburg steht an der Spitze. Das liegt auch an der Versorgungslage.
In Bremen spendeten statistisch gesehen sieben von einer Millionen Einwohner nach dem Tod ihre Organe. In Hamburg waren es 22, also mehr als drei Mal so viele. Um die Anzahl der Organspender in Relation zu setzen und vergleichbar zu machen, rechnet die Stiftung für Organtransplantation sie auf eine Million Einwohner hoch, erklärte die Sprecherin Birgit Blome. „Es geht uns darum, sowohl von Region zu Region als auch international vergleichen zu können.“
Die Deutsche Stiftung Organtransplantation ist die Koordinierungsstelle für die postmortale Organspende in Deutschland. Gemeinsam mit den Entnahmekrankenhäusern und Transplantationszentren setzt sie sich dafür ein, für möglichst viele Menschen auf der Warteliste ein geeignetes Spenderorgan zu finden.
Unterschiede zwischen den Regionen habe es schon immer gegeben, so Blome. Hamburg liege bei den Organspenderzahlen auch deshalb weit vorn, weil es ein Ballungsraum ist und auch Patienten aus dem Umland anziehe. Die im Ranking summierten Zahlen beziehen sich auf in dem jeweiligen Bundesland behandelte Patienten, nicht aber auf die Einwohner.
Engagement von Ärzten zählt
Entscheidend ist aber auch, wie viele Krankenhäuser es gibt, die Organe entnehmen können, sagt Blome. In Hamburg gibt es insgesamt 22 Kliniken, die als Entnahmekrankenhäuser fungieren. In Bremen sind es zehn.
In dem Bericht werden Kliniken in drei Kategorien eingeteilt: Universitätskliniken, Krankenhäuser mit Neurochirurgie und solche ohne. Mit dem Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) gibt es in Hamburg ein Uniklinikum. „Hier gibt es mehr Patienten, deren Fälle zu einer Organspende führen können“, sagte Blome.
15 Patienten spendeten im vergangenen Jahr allein im UKE ihre Organe. Ein vergleichbar ausgestattetes Krankenhaus gibt es in Bremen nicht. Alle fünf Spender in Bremen waren Patienten des Klinikums Bremen-Mitte. In Hamburg dagegen wurden in sechs verschiedenen Krankenhäusern Organe gespendet.
Auch das Engagement der Ärzte und Pflegekräfte habe einen Einfluss auf das Spendeverhalten, erklärt Blome. Durch das Transplantationsgesetz sind die Entnahmekrankenhäuser zur Zusammenarbeit mit Koordinierungsstellen und den Transplantationszentren verpflichtet, in denen die gespendeten Organe eingesetzt werden.
Negative Berichterstattung
Etwa bei Gesprächen mit den Angehörigen spiele der Einsatz der Personals vor Ort eine entscheidende Rolle. „Wenn das Personal etwa empfiehlt, eine Intensivtherapie zu beenden, kommt eine Organspende später nicht mehr infrage.“ Denn dafür müssten die Organe weiterhin optimal versorgt werden.
Für Sonja Schäfer, die 30 Jahre als Krankenschwester gearbeitet hat und heute Transplantationsbeauftragte in Bremen und Bremerhaven ist, gibt es aber noch einen weiteren Grund für die Zurückhaltung: Auch die Organspendeskandale führten zu niedrigen Spenderzahlen. Dem Bericht zufolge geht die Zahl der Spenden in Deutschland seit Jahren zurück. Mehr als 10.000 Patienten stehen nach Angaben der Stiftung auf der Warteliste für ein Spenderorgan.
Der Zwischenfall mit einer Organspende in Bremerhaven Ende 2014 habe insbesondere im Raum Bremen zu einem Vertrauensverlust bei allen Beteiligten geführt, glaubt Schäfer: Wegen Dokumentationsfehlern wurde damals eine Organentnahme in einem Bremerhavener Klinikum gestoppt. Im Nachhinein hat sich aber bestätigt, dass die Patientin hirntot war.
Die negative Berichterstattung habe sich aber festgesetzt, ist Schäfer überzeugt. „Es hat ein bisschen gedauert, bis das Vertrauen wieder da war.“ Schäfer hofft, dass künftig mehr Aufklärung stattfindet. „Das Thema wird zu wenig besprochen“, sagte sie. Die Zahlen in Bremen seien zwar immer noch niedrig, doch immerhin höher als im Jahr 2015. Da gab es in Bremen nur zwei Organspender.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sturz des Assad-Regimes
Freut euch über Syrien!
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Krieg in Nahost
Israels Dilemma nach Assads Sturz
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Missbrauch in der Antifa
„Wie alt warst du, als er dich angefasst hat?“
Weihnachten und Einsamkeit
Die neue Volkskrankheit