ZDF-Intendant Thomas Bellut hört auf: ARD und ZDF sind nicht dasselbe
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verspricht eine Vielfalt der Sendeformate. Doch besonders ARD und ZDF gleichen sich allzu oft viel zu sehr.
H aben wir eigentlich Thomas Bellut mit Blümchen verabschiedet? Der hatte neulich den letzten Arbeitstag als ZDF-Intendant*in. Er hat für den konservativen Knochen, als der er früher mal galt, einen ziemlich guten Job gemacht.
Zuletzt war er zwar auch nicht mehr so mutig wie zu Zeiten der „Wetten Dass…?!“-Querelen um die Werbedeals der Gottschalk-Brüder. Da hatte er sich ins eigene Programm getraut und sich von Maybritt Illner ganz ohne Samthandschuhe interviewen lassen.
Auch einen Böhmermann muss eine Intendant*in erst mal aushalten, was Bellut mit ein bisschen Zwischendurch-schwanken beim Erdoğan-Gedicht auch tat. Es sei hier daran erinnert, dass Jan Böhmermann damals bei der ARD und auch eine Belastung für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk war, aber nur das ZDF zu ihm hielt.
ARD und ZDF sind eben nicht völlig gleich. Beim ZDF regiert seit Dienstag Norbert Himmler und hat mit der ARD auch gleich seinen Spaß. Die ARD hat „tagesschau24“ als Nachrichtensender entdeckt, betreibt mit dem ZDF aber auch Phoenix. Das ist kein Nachrichten- und Infokanal, sondern ein „Ereignis- und Dokukanal“ und macht vor allem in – äh – Nachrichten und Information. Da sie in der ARD aber eine Fachabteilung für absurde Erklärungen haben, gibt es hier kein Problem. Phoenix soll sich um die planbare Aktualität kümmern, Übertragungen von Bundestag, Pressekonferenzen, usw.
Vielfalt ist toll, aber nur mit Unterschieden
„Komplementäres Angebot“ nennt das die ARD-Vorsitzende und rbb-Intendant*in Patricia Schlesinger. Beim ZDF nennen sie das Moppelkotze. Sind aber zu höflich, das öffentlich zu sagen. Natürlich ist so ein echt aktuelles tagesschau24 viel attraktiver als informative Planwirtschaft.
„Dann macht’s doch zusammen“ zu rufen, wäre die normalste aller Reaktionen. Klappt doch beim KiKA auch. Aber das ist ja auch Kinderstunde. Wenn’s ums Erwachsenenprogramm geht, sitzen ARD und ZDF zwar gemeinsam in der ersten Reihe, sehen aber lieber doppelt.
Die ARD baut gerade in Weimar eine neue „Einrichtung“ namens ARD-Kultur auf. Obwohl es mit zdf.kultur etwas durchaus Vergleichbares gibt und Bellut den anderen Verein auch mal eingeladen hatte, mitzumachen. „Das ist total schön, dass so viel Kompetenz von ARD und ZDF zu den beitragszahlenden Nutzer*innen gebracht und auch wieder abgeholt wird. Da ist genug für alle da,“ witzelt die Mitbewohnerin.
Vielfalt ist ja etwas Tolles und Aufregendes. Aber dann bitte mit erkennbareren Unterschieden. So wie damals, als sich das ZDF mit Gerhard Löwenthal noch einen wirklich konservativen Knochen leistete und nicht so sehr nach Konserve schmeckte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich