Ich möchte zunächst gerne Rosa Luxemburg zitieren: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der 'Gerechtigkeit', sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die 'Freiheit' zum Privilegium wird.“
So wie Nichtchristen diese Freiheit für sich in Anspruch nehmen, muss in einer Demokratie auch evangelikalen Christen die Freiheit zugestanden werden, nach ihren Maßstäbe zu leben und diese auch zu artikulieren.
Mit Sorge beobachte ich eine zunehmend polemische und keineswegs sachlich fundierte und durch Fakten untermauerte Kritik an evangelikalen Christen.In der Tat gibt es in der evangelikalen Szene Fundamentalisten, die Andersgläubigen ein Leben nach ihren Regeln aufzwingen wollen. Insgesamt ist die evangelikale Bewegung jedoch höchst vielfältig und muss sehr differenziert betrachtet werden.
Es ist bedenklich, wenn die veröffentlichte Meinung Angst hat, islamischen Fundamentalisten klar, deutlich und offen gegenüberzutreten (z. B. durch die Selbstzensur, wenn es die Darstellung des Propheten Mohammed angeht), aber evangelikale Christen verteufelt werden. Es ist auch bedenklich, mit welchem geradezu religiösen Eifer manche Verfechter der Evolutionstheorie jede kritische Äußerung massivst unterbinden wollen. Die richtige Reaktion wäre, eine kritische Hinterfragung der Evolutionstheorie zuzulassen (der Fossilbericht bietet hierzu durchaus Ansätze, z. B. wurden in Schichten, in denen Dinosaurierknochen gefunden wurden, auch Funde aus der menschlichen Zivilisation gefunden) und im Gegenzug sich auch wissenschaftlich fundiert und sachlich mit den Vertretern der Schöpfungslehre und ihren keineswegs einheitlichen Ansichten auseinanderzusetzen.
Freiheit geht immer in beide Richtungen: Freiheit der eigenen Meinung, aber auch Freiheit der Meinung des Andersdenkenden. Das Recht auf die Freiheit der Meinung des Andersdenkenden muss in einr Demokratie von Jedem und in jede Richtung verteidigt werden.
Ich bin selbst evangelikaler Christ und Mitglied einer im Bundestag vertretenen Partei, die kein "C" im Namen hat, und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies möglich und sogar notwendig ist, wenn wir weiterhin in einer wirklich freiheitlichen Demokratie leben wollen.
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