Wowereit-Vertrauter Böhning teilt aus: SPD trollt gegen Piraten
Der Leiter der Senatskanzlei und Wowereit-Vertraute Björn Böhning (SPD) schießt gegen die Piraten: Die Neupartei schade der Demokratie und sorge für Politikverdruss.
Die Angst geht um. Erntete FDP-General Patrick Döring noch einen Shitstorm für seine Warnung vor einer von den Piraten kultivierten „Tyrannei der Masse“, legt nun ein Berliner SPDler nach: Björn Böhning, Chef der Senatskanzlei, rechte Hand des Regierenden Klaus Wowereit.
Die Piratenpartei sei ein Beitrag zu „nicht mehr, sondern weniger Demokratie“, poltert Böhning in seiner verspäteten 100-Tage-Bilanz der Neulinge im Abgeordnetenhaus. Die Partei habe „noch nicht einen vollständigen Gesetzentwurf zustande gebracht“, ziehe dafür aber umso polemischer gegen alles Etablierte ins Feld. „Pauschalverunglimpfung“ von Parlamenten, die Unterstellung von „Korrumpierbarkeit“ ihrer Abgeordneten, der „Verdacht einer großen Weltverschwörung“ – kein Vorwurf ist Böhning zu klein. Die Piraten würden sich an Prozessen abarbeiten, ohne zu politischen Entscheidungen kommen. „Der Ersatz der repräsentativen Demokratie durch Volksentscheide, die Aburteilung von Parteien“: Das alles führe am Ende nur zu Politikverdrossenheit, resümiert der 33-Jährige. Überhaupt bliebe bei den Piraten nicht viel mehr als „infantil-politische Naivität“.
Würden wir jetzt in Archiven kramen, fänden wir sicher Ähnliches, das man den Grünen anno achtzig an den Kopf warf. Den Böhning’schen Furor erklärt aber auch seine Position innerhalb der SPD: die des Internetbeauftragten. Zwar diktierte der Junggenosse Rot-Schwarz ein Gratis-WLAN in den Koalitionsvertrag – seitdem aber gehört das Stichwort Internet den Piraten. Böhning muss sich also etwas einfallen lassen.
Ob dafür ausgerechnet der Vorwurf des Politikverdrusses taugt? Zur Erinnerung: 21.000 Nichtwähler mobilisierten die Piraten im September zur Wahl, darunter viele, die sich bisher wenig für den Politbetrieb interessierten. Und auch 13.000 Berliner, die einst bei der SPD ihr Kreuzchen machten. Wo wir wieder bei der Angst wären.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts