Wolfsburg besiegt Köln: Wo der tote Hund begraben liegt
Brauchen Fußballprofis richtig Druck? Nach dem starken 4:1 gegen den 1. FC Köln sieht sich Wolfsburgs Trainer Felix Magath bestätigt in der Wahl seiner archaischen Methoden.
WOLFSBURG taz | In Wolfsburg liegt einiges im Argen. "Toter Hund im Schillerteich: Polizei hat den Täter gefasst", meldete an Ostern die Lokalzeitung. Traurig, aber immerhin herrscht am Schillerteich eine Klarheit, die man vom halblebigen VfL Wolfsburg auch nach dem überzeugenden 4:1 gegen den 1. FC Köln nicht vermelden kann. Mit 32 Punkten liegt der Meister von 2009 drei Spieltage vor Saisonende auf Relegationsplatz 16.
Die Frage, ob er Platz 16 oder Platz 15 anstrebe, wischte Trainer, Manager und Geschäftsführer Felix Magath nach Spielende weg. "Ich gehe nicht auf irgendwelche Plätze, ich gehe auf den Klassenerhalt und das möglichst schnell", sagte Magath, "möglichst schon nächste Woche." Das ist mathematisch selbst bei einem Sieg am Freitag in Bremen nicht möglich, soll aber unterstreichen, wie ernst er es meint.
Magath hatte zuletzt im Verbund mit den Managern von Klubbesitzer Volkswagen den Druck auf die verunsicherten Spieler noch einmal erhöht. Er hatte kalt den Egoismus einiger Profis angeprangert, Aufsichtsratschef Sanz hatte offenbar tatsächlich wütend den Angestellten "Konsequenzen" angedroht.
Es war die schlappe Profis-brauchen-einen-Tritt-in-den-Arsch-Psychologie des 20. Jahrhunderts. Aber, tja: Magath kann sich bis auf Weiteres bestätigt sehen. Das Team legte umgehend eine sehr, sehr saubere Leistung hin - sicherlich mit Hilfe des notorisch auswärtsschwachen 1. FC Köln. Aber immerhin. 4:1 - so hoch hat man in dieser Saison noch nicht gewonnen. Phasenweise war das Team so laufstark und kompakt, dass das Stadion vor Begeisterung leicht vibrierte. Zweimal Mandzukic (14., 39.) und zweimal Dejagah (58., 88.) trafen für die Wölfe, Freis zwischendurch für Köln (40.).
Erster Sieg im fünften Spiel
Es war der erste Sieg im fünften Spiel seit Magaths Rückkehr; dazu kommen drei Remis. Die Leistung sei "insgesamt sehr engagiert" gewesen, sagt Magath. Die Deutung, die er durchsetzen will oder wahrnimmt: mangelnder Fleiß und Einsatz der Angestellten. Es stecke "latent" in der Mannschaft, sich zu früh in Sicherheit zu wiegen und dann "einen Schritt weniger zu machen." Diese Genügsamkeit registrierte er auch gegen Köln beim Stand von 2:0. Um den Druck noch mal zu erhöhen, griff er nach einer halben Stunde zur Methode Strafauswechslung, brachte den späteren Doppeltorschützen Dejagah für Cicero - und wurde auch hierin voll bestätigt.
Es war indes schon auffällig, dass der VfL deutlich lauf- und zweikampfstärker als zuletzt agierte. Und zum ersten Mal seit langem eine Spielidee erkennen ließ, Diego nicht mehr isoliert für Offensive zuständig war, und Mario Mandzukic plötzlich zu wissen scheint, was er eigentlich auf dem Rasen soll.
Mandzukic, 24, hat eine sehr schwierige erste Saison beim VfL hinter sich. So gut im Spiel wie gegen Köln, defensiv wie offensiv, war er noch nie. Mandzukic ist kroatischer Nationalstürmer und sieht sich von Magath erstmals auf der richtigen Position eingesetzt, als zweite Spitze neben Grafite und nicht mehr auf der Außenbahn. "Mario ist ein Mann für die Mitte", brummte Magath. Der Spieler sagt, er sei "froh, dass Magath da ist". So ist das: Die einen sind froh, wenn Magath weg ist, die anderen, wenn er da ist.
Osterkrisendemo in Köln
Was den 1. FC Köln angeht, so gab es am Montag am Geißbockheim eine Osterkrisendemo. Wäre ja auch verdächtig gewesen, wenn der Klub nach seinem Zwischenhoch die Saison in aller Ruhe zu Ende gekriegt hätte. "Unglaubliche Fehler auf dem Platz" sah Sportdirektor Volker Finke bei der dritten Niederlage in Folge, "viel zu einfache, billige Gegentore" beklagte Frank Schaefer. Der scheidende Trainer setzt bei zwei Heimspielen auf die Heimstärke seines Teams und den diesmal gesperrten Podolski. Und darauf, dass "jedem klar" sein müsse, dass man "mitten im Abstiegskampf" sei. Doch so etwas kann man zwar leicht sagen; bis man es auf dem Platz sieht, kann ganz schön viel Zeit vergehen. Es sei das erste Mal nach all den Wochen gewesen, sagt Felix Magath, dass sein Team auf dem Platz "von der ersten Minute an im Kampf gegen den Abstieg war". So viel Zeit hat Köln nicht mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?