Wolf Wittenfeld Mitarbeiter der Woche: Akın Atalay
Akın Atalay ist der Letzte der 17 Angeklagten im Cumhuriyet-Prozess, der seit mehr als 500 Tagen immer noch in Untersuchungshaft sitzt. Zuletzt waren der Chefredakteur von Cumhuriyet, Murat Sabuncu, und der Investigativ-Journalist Ahmet Şık aus der U-Haft entlassen worden. Die Verlängerung der U-Haft Atalays verhängte der Richter am Freitag, wegen angeblicher Fluchtgefahr und mit dem launigen Kommentar: „Der Kapitän geht als
Letzter von Bord“.
Akın Atalay ist Vorsitzender der Stiftung, die als Herausgeberin von Cumhuriyet fungiert. Seit vielen Jahren ist er seitdem als Anwalt für die Cumhuriyet-Journalisten tätig. Als seine Kollegen vor etwa eineinhalb Jahren verhaftet wurden, war Atalay auf einer Dienstreise in Deutschland. Dennoch flog er wenige Tage später zurück in die Türkei, offenbar im Vertrauen auf die türkische Justiz – er wurde prompt verhaftet.
Atalay, der die Zeitung nach außen vertritt, wird vorgeworfen, im Namen der „Terrororganisation Fetö“, gemeint ist die Gülen-Sekte, strafbare Handlungen gegen die türkische Verfassung begangen zu haben. Tatsächlich wirft die Staatsanwaltschaft ihm und dem früheren Chefredakteur Can Dündar vor, die Cumhuriyet auf eine Linie mit der Gülen-Sekte gebracht zu haben.
In dem spektakulären Fall, in dem Cumhuriyet im Mai 2015 Fotos veröffentlichte, die bewiesen, dass der türkische Geheimdienst illegal Waffen an syrische Islamisten lieferte, geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Gülen-Sekte der Zeitung die Fotos zugespielt hat und Cumhuriyet sich folglich der Unterstützung der Gülen-Bewegung schuldig gemacht habe. Am Freitag forderte die Staatsanwaltschaft für die 17 Angeklagten zwischen siebeneinhalb und 15 Jahre Haft.
Anders als Atalay ist am Freitagabend allerdings ein anderer prominenter Journalist, Şahin Alpay, aus der U-Haft freigekommen. Der 73-jährige Alpay war vor seiner Verhaftung Kolumnist bei Zaman, der größten von der Gülen-Sekte kontrollierten Tageszeitung. Er ist der erste Journalist in der Türkei, mit dessen Fall sich das türkische Verfassungsgericht gleich zweimal beschäftigt hat: Bereits im Januar hatte es angeordnet, Alpay freizulassen, das zuständige Landgericht verweigerte sich dem aber – nach einer Intervention der Regierung. Jetzt hat das Verfassungsgericht seine Auffassung bekräftigt, Alpay wurde daraufhin aus der U-Haft entlassen. Frei ist er damit allerdings nicht. Nicht nur ist ihm die Ausreise untersagt – er steht zusätzlich unter Hausarrest.
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