Wohnungsnot in Berlin: Jetzt heißt es allein weitersuchen
Der Bezirk Mitte hat die Kooperation mit der Wohnungsvermittlung des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) gekündigt.
Für Geflüchtete gibt es ab sofort eine Anlaufstelle weniger, die ihnen bei der Wohnungssuche hilft. Der Bezirk Mitte hat die Kooperation mit der Wohnungsberatungsstelle des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) zu Ende November gekündigt. Der Vorstandsvorsitzende der EJF, Andreas Eckhoff, bedauert das. „Auf unsere intensiven Bemühungen um Fortsetzung der Arbeit, unter anderem mit entsprechenden Modifikationsvorschlägen der Vertragssituation, hat der Bezirk leider nicht reagiert“, erklärte er per Pressemitteilung.
Das EJF half bislang anerkannten Asylbewerbern, die in Mitte leben und Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II bekommen, bei der Wohnungssuche – in der Regel leben diese Menschen noch in Flüchtlingsheimen. Zuletzt waren beim der Beratungsstelle 814 Haushalte (2.643 Personen) registriert, 119 davon wurden „besonders engmaschig im aktiven Vermittlungsprozess begleitet“.
In diesem Jahr konnte das EJF nach eigenen Angaben 57 Haushalte in eine Wohnung auf dem freien Markt vermitteln – die Soll-Vorgabe laut Vertrag mit dem Bezirk sei 52 bis Jahresende gewesen. „An der Qualität unserer Arbeit kann es also nicht gelegen haben“, sagte Unternehmenssprecherin Katrin Wilken am Freitag der taz.
Nicht wieder ausgeschrieben
Der zuständige Sozialstadtrat Ephraim Gothe (SPD) war für eine Nachfrage der taz am Freitag nicht zu erreichen. Gegenüber dem Neuen Deutschland hatte er am Mittwoch erklärt, der Vertrag sei ausgelaufen und habe aus vergaberechtlichen Gründen nicht verlängert werden können. Das EJF könne sich ja erneut auf die Ausschreibung bewerben. Allerdings ist die Wohnungsberatung nach Informationen des EJF bislang nicht wieder ausgeschrieben.
Zwischen 2014 und 2016 war das EJF noch als Wohnungsvermittlerin für Geflüchtete aus ganz Berlin tätig. Im Auftrag des Landesamts für Gesundheit und Soziales, später Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), beriet das EJF Geflüchtete in Mietdingen und suchte aktiv Wohnungen. In dieser Zeit wurden nach EJF-Angaben mehr als 4.700 Wohnungen vermittelt. Anfang 2017 übernahm das LAF selbst die Wohnungsvermittlung, das EJF war nur noch für die Beratung Geflüchteter zuständig. Ende 2017 endete die Zusammenarbeit zwischen LAF und EJF ganz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Analyse der US-Wahl
Illiberalismus zeigt sein autoritäres Gesicht